So 17. Jul 2016, 11:57
Schön, dann habe ich doch glatt noch mal gekramt....
Ich gehe dieses mal noch einen Schritt weiter zurück in der Geschichte. Am Anfang war Adam und Eva. Und kurz drauf der Georgier

.
Vielleicht auch nicht jedem hier bekannt: Die Georgier (na gut, die Kaukasier

) gelten bisher als die ältesten Europäer. Zumidest stammen die ältesten außerhalb von Afrika je gefundenen Knochenfunde aus dem Formenkreis der Homini und eben aus dem heutigen Georgien. Um genauer zu werden, es sind die "Hominine Fossilien von Dmnanissi". Es soll sich dabei um ein Bindeglied zwischen der frühtesten Gattung der Homo aus Afrika und dem späteren (asiatischen) Homo erectus handeln. Einen Schädel, der 1.8 Millionen Jahre alt ist, hat man als Grundlage für eine Rekonstruktion genommen und am Ende diesem netten Herrn (heute in einem Museum in Tiflis ausgestellt) nach einigen Jahren der Abstinenz wieder auf die Bildfläche gehieft. Drei-Wetter-Taft hätte damals vielleicht schon geholfen.

#169
Im übrigen wird heute noch in Amerika auf offiziellen Bögen, wo es um das Erkunden der "Rassenzugehörigkeit" geht, jeder weiße und somit europastämmige Mensche als "Caucasian" – also als Kaukasier – geführt. Die Erklärung hierfür liefert Prof. Wulf Köpke, seines Zeichens Direktor des Museums für Völkerkunde in Hamburg gleich hinterher:
"Die Bewohner des nördlichen Kaukasusgebirges waren bis ins 20. Jahrhundert im Orient wegen ihrer Schönheit und hellen Hautfarbe als Sklaven sehr gesucht. Auch die Europäer übernahmen dieses Schönheitsideal. 1795 definierte der deutsche Anthropologe Johann Blumenbach in seiner Schrift 'Von den verschiedenen Rassen der Menschen' alle hellhäutigen Menschen als Kaukasier und damit als besonders schön. Diese willkürliche und andere Hautfarben abwertende Definition wurde in den USA eine Zeitlang begeistert übernommen. Bis heute benutzt man dort den Begriff "Rasse" relativ unbekümmert. So steht in den USA "caucasian" weiterhin als Synonym für europäischstämmige, weiße Menschen. Bei uns ist die Bezeichnung nicht mehr geläufig." (
http://www.abendblatt.de/ratgeber/wisse ... chnet.html)
So weit so gut. Dass die Georgier aber auch im Mittelalter schon für Hollywood stilprägend waren, hatte ich bis vor dem Besuch des Museums in Tiflis auch nicht gewusst!

#170
Na, wer hat ihn erkannt?
http://rsvpmagazine.ie/wp-content/uploa ... scream.jpgZurück in die Gegenwart. Fährt man wieder raus aus der großen bunt-grauen Stadt Tiflis aufs weite Land, so trifft man Menschen, die ihr Georgiertum hegen und pflegen. Woran man das in erster Linie sehen kann? Na klar, am Essen. Hier ein Georgier im Osten des Landes (Kachetien - das berühmte Weinanbaugebiet Georgiens) bei der Zubereitung einer Speise, die bei keinem richtigen georgischen Essen fehlen darf - dem Zwadi. Es gibt sie in zwei Varianten, mit Schweine- oder Lammfleisch wobei der richtige Georgier dafür wohl eigentlich immer Schweinefleisch verwenden wird.
Ach so, ja klar, den original und patentierten georgischen Weber-Grill könnt ihr darauf auch gleich bewundern. In Georgien ist dieser durchaus weit verbreitet. Als "Grillkohle" dient diverses feines Geäst, das man zuvor auf die Schnelle zusammengesucht hat. Das gibt dem ganzen auch eine ordentliche Extraprise Geschmack


#171
Die klassiche Arbeitsteilung funktioniert wie man sieht auch in Georigen: Der Mann grillt, die Frau serviert!

#172
Und dann wird endlich aufgetischt...

#173
Zuguterletzt möchte ich Euch noch diese beiden Damen vorstellen. Die liebenswerte Dame rechts heißt Maro, den Namen der linken Dame habe ich leider vergessen. Sie haben sich nach anfänglicher Scheu dann doch dazu überreden lassen, dass ich ein Bild von ihnen mache. Na ja... eines war mein naiver Plan. Das Ganze hat dann mehr Schüsse in Anspruch genommen als erwartet, da immer eine der beiden verlegen wieder zur Seite geblickt hat. Am Ende haben wir es dann doch noch geschafft die Scheu für 1/100 Sekunde zu überwinden.

Beide wohnen sie in einem kleinen Dorf namens Nukriani, wie mir scheint am Ende der Welt, obwohl sie sehr nah an einer Perle des Kaukasus (Signahi) leben – ein Dorf das von Ex-Präsident Saakaschwili mit viel Geld auf Vordermann gebracht wurde und von dem ich schon zu Beginn meiner Reise bereits Bilder gezeigt habe. Es liegt malerisch auf einer Anhöhe, im Hintergrund das mächtige Kaukasusgebirge – alles nah an der Grenze zu Aserbaidschan.
Der Tageablauf der vielen Alten im Dorf (Nukriani) sieht immer so ziemlich gleich aus – seit Jahrzehnten und noch viel mehr, seit Georgien unabhängig geworden ist und der sich anschließende Transformationsprozess (sprich das Ausscheiden aus dem Bund der Sowjetunion und der Weg hin zur Marktwirtschaft) viele Menschen – vor allem im mittleren/gehobenerem Alter – arbeitslos gemacht hat: Man steht also auf, frühstückt eine Kleinigkeit, geht auf die Straße und trifft sich mit anderen aus dem Dorf. So sitzt man dann stundenlang auf einer Bank oder einem improvisierten Hocker. Dort debattiert man das Leben, die große Politik und stellt immer wieder aufs Neue fest, dass früher doch alles besser war (manchmal gar nicht zu unrecht!). Man kommt auch immer wieder zu dem Schluss, dass die Sowjetunion gar nicht so übel war und versteht nicht, warum die Jugend das so gar nicht verstehen will. Ich habe den Leuten oft entgegengehalten, dass ich ihre Einschätzung nicht teilen kann, denn was gibt es wertvolleres für den Menschen als seine eigene Freiheit (Gauck lässt grüßen

). Sie sind heute nicht mehr eingesperrt und können sich frei bewegen. Man hielt mir schnell entgegen: "Was hilft mir die Freiheit wenn ich kein Geld habe, sie zu nutzen?". Es reicht oft nicht mal mehr für das Nötigste. Vieles ist dem Verfall preisgegeben.
Die Frauen des Dorfes plaudern ebenso und stricken um die Wette. So geht Tag um Tag ins Land und Maro und ihre Freundin sitzen sicher auch heute wieder in ihrem kleinen Dorf irgendwo an der Grenze zu Aserbaidschan auf ihrer kleinen Bank vor dem Haus. Viel weiter sind sie übrigens ihr ganzes Leben lang nicht gekommen – und das zählt nun auch schon ein paar Jahre...

#174
Zuletzt geändert von zeitlos am Sa 5. Nov 2016, 09:31, insgesamt 2-mal geändert.