Sa 6. Okt 2012, 15:11
Hallo Tom,
da sprichst Du eine der häufigsten Schwachstellen in fast allen Foren an. Dieses Phänomen ist aber nicht nur in Fotoforen zu beobachten, sondern eigentlich in allen "kreativen" Foren.
Zuerst einmal etwas für mich grundsätzliches: Eine Galerie bedeutet für mich nur die Betrachtung von Fotos - hier geht es nach meiner Meinung ganz einfach um "einfach mal zeigen!". Eine Bildbesprechung gehört in die extra dafür vorgesehenen Foren, denn da weiß der Betrachter dass der Autor etwas zu dem Bild wissen/hören möchte. Für mich persönlich ist es aber schon mal sehr wichtig, dass immer nur 1 Bild in einer Bildbesprechung eingestellt wird. Denn zu einem Bild kann ich mir Gedanken machen und diese dann auch dem Autor mitteilen. Befinden sich mehrere Bilder in einer Bildbesprechung, so ist dies für mich nicht effektiv, da ich mich auf die unterschiedlichsten Bildinhalte konzentrieren müßte und viel zu viele Informationen verarbeiten müßte - geht gar nicht. Deshalb beachte ich solche Bildbesprechungen grundsätzlich überhaupt nicht und ich gehe mal davon aus, dass es vielen Betrachtern ähnlich geht, weshalb dann in der Regel auch höchstens Kurzkommentare erfolgen.
Ob man als Autor zu einer Bildbesprechung Fragen, oder gar größere Abhandlungen zu dem Bild einstellen sollte ist nicht so einfach zu beantworten. Es gibt solche und solche Situationen, einige verlangen und fordern einige Worte, andere wiederum sollten für sich sprechen.
So und nun mal einige Gedanken dazu, warum kommen "meine" (wobei das "meine" hier für jeden Autor steht!" guten Bilder bei anderen nicht so richtig an?
Man muss hier zuerst einmal etwas differenzieren. Was bezwecke ich mit meiner Fotografiererei, was will ich mit meinen Bildern bewirken? In den häufigsten Fällen werden Bilder aus einer Situation, einer momentanen Stimmung heraus gemacht. Diese Bilder sind für den Autor eine Momentaufnahme. Dies bedeutet, dass der Autor mit dieser Aufnahme ein ganz bestimmtes Gefühl verbindet, eine schöne Erinnerung, einen tollen Augenblick, eine wunderschöne Aussicht, eine lustige Begebenheit usw. usw. Dies wiederum bedeutet aber im Umkehrschluss, dass dieses Bild nur für den Autor ein schönes Bild ist! Denn nur er kennt die vorherrschende Situation und verbindet damit meist schöne Erinnerungen. Somit können wir auch nicht verstehen, warum andere dieses Bild nicht auch Super finden und es teilweise heftige Kritiken dazu gibt. Dem aussenstehenden Betrachter fehlen ja ganz einfach wesentliche Details zu so einer Momentaufnahme und er kann so ein Bild nur ohne verbindende Stimmungen betrachten. Bei dem Autor so eines Bildes können aber gar keine Zweifel an der Qualität seines Bildes aufkommen, da hier nämlich folgendes passiert: er betrachtet sein Bild und das Gehirn leitet ihn in Sekundenbruchteilen sofort in seinem Erinnerungsvermögen zu der aufgenommenen Situation. Er erlebt das damalige genau so, wie er es bei der Aufnahme empfunden hat. Somit ist für ihn das Bild eigentlich völlige Nebensache, es dient ihm lediglich als "Gedankenstütze". Dazu muss das Bild nicht einmal perfekt sein, es kann ruhig falsch belichtet, schief, sogar in gewisser Weise unscharf sein und muss auch keinen herausragenden Bildaufbau aufweisen. Denn für den Autor zählt nur der Sekundenbruchteil eines Blickes auf dieses Bild, um sich sofort wieder davon zu lösen und in die Erinnerung umzuschalten.
Genau dieser Umstand macht es in sehr vielen Fällen extrem schwierig für Aussenstehende ein Bild zu kritisieren/besprechen. Und genau aus diesem Grunde hagelt es häufig auch negative Kritiken, was der Autor ganz und gar nicht nachvollziehen kann.
Von daher sollte man sich zu aller erst einmal selber die Frage stellen, was habe ich da eigentlich aufgenommen? Wie könnte dies auf unbeteiligte wirken? Aber genau diese Fragen sind für den Bildautor schon fast unmöglich zu beantworten - eben wegen der Momentaufnahme.
Anders verhält sich dies bei gezielt gestalteten Aufnahmen. Wenn man sich im vorhinein schon Gedanken über eine Aufnahme, ein Motiv macht und dies dann versucht möglichst gut umzusetzen. Hier spielen momentane Stimmungen nur eine untergeordnete Rolle und den Betrachtern wird ein Freiraum geschaffen, weil sie dieses Bild auch so hätten machen können.
Somit ist für eine Bildbesprechung zuerst einmal wichtig, was genau das Bild aussagen sollte.
Leider werden aber Bildbesprechungen meistens viel zu technisch ausgelegt. Dies geschieht natürlich auch aus den genannten Gründen, welche die meisten "Momentaufnahmen" mit sich bringen. Hier kann man eigentlich nur technisch heran gehen, was meistens dann in negativen Kritiken endet.
Eigentlich sollten Bilder immer aus einem Bauchgefühl heraus beurteilt werden. Der erste Eindruck eines Bildes sollte nämlich über dessen Wirkung ausschlaggebend sein. Fällt dieser Eindruck positiv aus, so beschäftigt sich der Betrachter in aller Regel intensiver mit dem Bild und kann auch beschreiben warum dieses Bild so auf ihn wirkt. Bestenfalls kann der Betrachter dann auch noch ein paar Merkmale benennen, welche ihn vielleicht doch noch stören würden. So söllten/können gute Bildbesprechungen entstehen. Die technischen Aufnahmedetails sollten erst einmal hinten an stehen und nur ggf. mit einbezogen werden, wenn dadurch ein Eindruck noch verändert werden könnte.
Fällt der erste Eindruck hingegen negativ aus, so wird sich der Betrachter auch nicht weiter mit dem Bild beschäftigen. Das Bild hat in so einem Fall leider seine Wirkung nicht erfüllt. Meistens lassen sich aber genau diese Betrachter dann zu Kritiken hinreißen, die in der Regel negetiv ausfallen, weil sie sich schlicht und ergreifend von "so einem schlechten Bild" genervt fühlen.
Werden zu einem Bild in einer Bildbesprechung Fragen gestellt, oder es werden Abhandlungen über dessen Entstehung hinzugefügt, dann wird es meistens richtig kompliziert. Jetzt fühlt sich natürlich jeder Hobbyfotograf in seiner Ehre gepackt und muss jetzt sein Wissen unbedingt an den Mann bringen. Jetzt wird es in aller Regel sehr technisch und damit meistens auch völlig unrealistisch! Nun kommen die Pixelpieper und Rauschenthusiasten voll auf ihre Kosten und können so richtig aufdrehen. Wirklich konstruktive Kritik kommt nur sehr sehr selten zum Vorschein, da es anscheinend viel einfacher ist jemandem seine "Fehler" vorzuhalten, als sich selber damit zu beschäftigen und nach Lösungen zu suchen.
Das sollte so im groben meine Erfahrungen in diversen Foren wiederspiegeln. Man möge mir die "männlich" bezogene Schriftform bitte nachsehen, da es gedanklich einfacher ist sich nur auf eine Person wärend des Schreibens zu konzentrieren. Von daher sollten die Fotografinnen einfach das "man/Mann/er" in weiblicher Form austauschen.
Zum Abschluss noch ein Wort in eigener Sache: das vorgenannte Verhalten in allen Foren hat mich im Laufe der Zeit dazu gebracht keine Bildbesprechungen mehr zu machen. Denn die Erfahrungen haben gezeigt, dass diese nur wenig Anklang finden und zu allem Überfluß dann auch noch von den "Forenschreibern" (meistens sind dies noch nicht einmal Hobbyfotografen - zumindest hat man noch nirgends ein Bild von ihnen gesehen) negativ kritisiert wird. Ich habe somit die Lust an ernsthaften Bildbesprechungen in den Foren schlicht verloren. Lieber treffe ich mich real mit Interessierten, wo man dann evtl. sogar praktische Tipps geben kann.