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In Afghanistan rollen Panzer über (Canon-) Objektive
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Autor:  chti [ Sa 18. Apr 2015, 22:48 ]
Betreff des Beitrags:  In Afghanistan rollen Panzer über (Canon-) Objektive

Heute ist mir ein schier unglaubliche Geschichte zu Ohren gekommen. Das Objektiv, das Ihr hier seht, hatte eine Bundeswehr-Fotografin bei einem Termin im Berliner Olympiastadion dabei. Eigentlich hätte diese Linse gar nicht da sein dürfen. Sie war dazu bestimmt, in Afghanistan von einem Panzer zu Brei verarbeitet zu werden.

Bild


Es ist ein Canon 70-200/2.8 USM, ein anerkannt gutes Objektiv, das von vielen Profis verwendet wird und auch nicht gerade billig ist (Neupreis für die aktuellen Modelle um die 2000 Euro, gebraucht kaum unter 800-900 zu kriegen, schätze ich mal). Auch die Bundeswehr nutzt es im Einsatz. Mit diesem Exemplar haben die Presseleute des Heeres in Masar-e Sharif in Afghanistan fotografiert. Bis zum Abzug des Großteils der Soldaten und des Materials: Waren in Spitzenzeiten noch um die 5000 deutsche Soldaten am Hindukusch, sind es heute noch knapp 700. Entsprechend viel Material hat sich angesammelt in mehr als 13 Jahren Einsatz in Afghanistan. Und das muss zurück nach Deutschland – oder auch nicht. Es wird genau berechnet, was sich lohnt, per Luftfracht oder Bahntransport über Russland nach Deutschland zurückgebracht zu werden, und was nicht. Sehr viel Material wird vor Ort verschrottet oder an die Afghanen übergeben. Das geschieht, wenn die Kosten für den Transport in die Heimat den Restwert des Materials übersteigen.

Irgendeiner emotionsloser Controller im Verteidigungsministerium muss dabei ermittelt haben, dass es sich nicht lohnt, die Foto-Ausrüstung der Presse-Teams auf den Heimweg zu schicken. Und so landet hochwertiges Foto-Equipment im Schredder. Pardon, es wird nach Bundeswehr-Facon vernichtet: Man legt es auf den Boden und lässt ein Kettenfahrzeug drüber rollen. Da ist die Bundeswehr ziemlich humorlos. Nach Angaben der Fotografin werden nicht nur Objektive vernichtet, auch Kameras Typ Canon EOS 5 Mark irgendwas werden platt gemacht. Als sie von einem Kollegen hörte, was da gerade passiert, hat sie ihm gesagt, so viel wie möglich von dem Krempel in sein persönliches Handgepäck zu verstauen (da gelten für Bundeswehr-Flüge übrigens die gleichen Restriktionen bezüglich Platz und Gewicht wie für den zivilen Bereich). So hat sie das 70-200er retten können.

Irgendwie will das alles noch nicht in meinen Kopf: Ich verstehe es, wenn ein alter VW T4 oder Mercedes Wolf, der im Camp Marmal zehn Jahre vollkommen verheizt wurde, vor Ort verschrottet oder den Afghanen überlassen wird, weil der Rücktransport von den schweren Dingern einfach zu teuer ist. Ich verstehe es, wenn Waffen und Munition nicht einfach an die Afghanen übergeben, sondern vernichtet werden. Aber hochwertige Objektive... Buchhalterisch sind sie wahrscheinlich längst abgeschrieben, aber dass die Dinger einen ziemlich hohen Restwert haben und noch jahrelang verwendet werden können, darauf kommen die Zahlendreher anscheinend nicht.
Eines verstehe ich beim besten Willen nicht: Wenn man das Material unbedingt loswerden will, warum übergibt man es nicht den Afghanen? Die pro-demokratischen Kräfte in dem Land tun sich schwer genug, warum nicht freie Journalisten mit dem Equipment ausstatten? Oder lokale NGO´s? Die würden sich mächtig freuen über so eine Spende und könnten sie auch sinnvoll einsetzen.
Tja, aber das ist leider Bundeswehr-Bürokratie.

Zum Glück ist es nur Canon-Equipment. Wäre es Pentax... das Herz würde mir noch viel mehr bluten und ich würde direkt die nächste Einsatz-Tour nach AFG buchen und so viel wie möglich retten ;-)

Autor:  andreasb [ Sa 18. Apr 2015, 23:15 ]
Betreff des Beitrags:  Re: In Afghanistan rollen Panzer über (Canon-) Objektive

Als Hobbyphotograph, Steuerzahler und ehemaliger Soldat blutet mir gleich dreifach das Herz. Egal ob Canon, Pentax oder sonstwas.

Autor:  Arnholm [ So 19. Apr 2015, 02:16 ]
Betreff des Beitrags:  Re: In Afghanistan rollen Panzer über (Canon-) Objektive

Danke für diese Info, Yann.. Schlimme Sache, in dem Fall egal welcher Hersteller...

Autor:  Hooky69 [ So 19. Apr 2015, 03:11 ]
Betreff des Beitrags:  Re: In Afghanistan rollen Panzer über (Canon-) Objektive

Kopfschüttelnd lese ich deine Zeilen.


LG, Heiko

gesendet mit tapatalk und iPad

www.hooky69-photographie.com

Autor:  diego [ So 19. Apr 2015, 07:04 ]
Betreff des Beitrags:  Re: In Afghanistan rollen Panzer über (Canon-) Objektive

Was soll das. Zuhause wird neues gekauft. Die japanische Industrie muss auch leben :ugly:

und wir Steuerzahler habens doch :fies:

Autor:  apollo [ So 19. Apr 2015, 08:05 ]
Betreff des Beitrags:  Re: In Afghanistan rollen Panzer über (Canon-) Objektive

Moin,

man muss wohl nüchtern betrachtet zugeben, dass die Rücksendung nach D betriebswirtschaftlich Unsinn ist (Frachtkosten höher als Wiederbeschaffungswert). Das Zeugs deswegen zu verschrotten/zu zerstören ist natürlich in den Augen des Otto-Normal-Bürgers noch blödsinniger. Wobei unser Wirtschaftssystem genau darauf aufbaut, permanentes Wachstum ist auf unserer begrenzten Welt halt nur schwierig möglich.

Das mit dem Verschenken/Weitergeben ist leider häufig nicht so einfach möglich, wie unsereiner sich das vorstellt. In der IT z.B. werden abgeschriebene Geräte turnusmäßig ersetzt (bei den Innovationen der letzten Jahre teilweise ohne spürbare Verbesserungen) und entsorgt. Nur die wenigsten - wohlgemerkt voll funktionsfähigen - Geräte erhalten eine 2. Chance in gemeinnützigen Einrichtungen, Privathaushalten o.ä.
Hat zum Teil auch mit der Gesetzeslage zu tun, so verschenkte Geräte müssten wohl als "geldwerter Vorteil" oder so versteuert werden.

Man muss das alles weder verstehen noch gut finden, aber so isses nun mal...

Gruß René

Autor:  Helmut [ So 19. Apr 2015, 08:12 ]
Betreff des Beitrags:  Re: In Afghanistan rollen Panzer über (Canon-) Objektive

Na ja, wenn man den Afghanen ein Objektiv überlässt, müssen die es wohl kaum versteuern. Man kann's drehen und wenden, wie man will, für mich hört sich das einfach nur krank an.

Autor:  apollo [ So 19. Apr 2015, 08:15 ]
Betreff des Beitrags:  Re: In Afghanistan rollen Panzer über (Canon-) Objektive

Hi,

das mit dem Versteuern war natürlich nicht auf die Afghanen bezogen...

Gruß René

Autor:  Helmut [ So 19. Apr 2015, 08:30 ]
Betreff des Beitrags:  Re: In Afghanistan rollen Panzer über (Canon-) Objektive

:mrgreen: :mrgreen:

Autor:  garfield [ So 19. Apr 2015, 08:32 ]
Betreff des Beitrags:  Re: In Afghanistan rollen Panzer über (Canon-) Objektive

Da braucht man nicht nach Afghanistan, für Geldverschwendung.
Einfach nur mal das Herbstfieber beachten das jede deutsche Behörde jedes Jahr befällt.
Ist noch Geld vorhanden aus den aktuellen Zuweisungen des Jahres muß das verballert werden, anderenfalls fällt die Zuweisung im nächsten Jahr um den Betrag niedriger aus den man gespart hat.
Jede Behörde würde sich dadurch im Laufe einiger Jahre handlungsunfähig machen, finanziell.
Also wird im Herbstfieber alles verballert was noch da ist, völlig egal wofür und ob nützlich oder nicht.
Dann kann man im nächsten Jahr den gleichen Betrag erwarten oder eine leichte Steigerung, Inflationsbereinigt. Ab Oktober wird jedes Jahr von allen Behörden ein zweistelliger Milliardenbetrag verprasst, alles muß raus.
Da ist der Kram für Afghanistan ein Trinkgeld, ein schwaches. Darum gehen sinnloserweise Straßensanierungen im Oktober November los kurz vor dem ersten Frost, nicht sinnvoll.
Es werden Behörden neu gestrichen, es gibt neue Aschenbecher, Waschbecken, neue Autos. Immer zu dieser Zeit. :)

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