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BeitragVerfasst: Fr 14. Aug 2020, 16:54 
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Einleitung, Sinn und Zweck:

Vor mehr als zehn Jahren habe ich mir eine gebrauchte K10D gekauft, um sie für die Astrofotografie umbauen zu lassen.
Warum ist so ein Umbau überhaupt erforderlich und was wird dabei verändert?

Ein im Universum sehr häufig vorkommendes Gas ist Wasserstoff (H). Es gibt in unserer Milchstraße und natürlich auch in anderen Galaxien, sehr ausgedehnte Gasnebel, welche durch die in ihnen eingebetteten Sterne mit deren Strahlungsenergie zum Leuchten angeregt werden. Die Emissionswellenlänge der Gasmoleküle beträgt exakt 656,28nm (H-alpha). Das ist ein tiefes Rot, noch im sichtbaren Spektralbereich. Sehr bekannte Objekte sind zum Beispiel der Große Orionnebel, der Nordamerika- und der Pelikannebel, um nur einige zu nennen.

DSLRs mit ihren aufgedampften Farbfiltern (Bayer-Matrix) sollten eigentlich in der Lage sein, diese Farbe wiederzugeben. Wäre da nicht ein Infrarotsperrfilter vorgeschaltet. Die Filter der Bayermatrix haben, neben den erwünschten Durchlassbereichen auch noch Solche außerhalb des sichtbaren Spektrums und würde man diese nicht blockieren - und genau das macht der IR-Sperrfilter - käme es zu einer Fehlinterpretation der Farben.
Leider setzt dieser Sperrfilter bereits im sichtbaren roten Spektralbereich mit seiner Wirkung ein, um dem Sensor eine dem menschlichen Farbempfinden vergleichbare Empfindlichkeit zu verleihen.
Die Wiedergabe der wichtigen H-alpha-Linie in der Astrofotografie ist damit nicht mehr sehr effektiv.

Beim Astroumbau der DSLR wird nun dieser IR-Sperrfilter beseitigt und es steht danach die gesamte spektrale Empfindlichkeit des Sensor zur Verfügung. Diese reicht bis in die Region von ca. 1000nm.
Für die normale, bildmäßige Fotografie ist eine solche Kamera danach nicht mehr ohne Weiteres geeignet. Wie schon weiter Oben geschrieben, kommt es zu einer Fehlinterpretation der Farben und ein Weißabgleich ist nicht mehr möglich. Will man sie trotzdem noch dafür verwenden, kann man einen UV/IR-Cut-Filter vor die Optik schrauben. Dieser kappt alles außerhalb des sichtbaren Spektralbereichs, jedoch mit einer erheblich steileren Filterkante als dies beim ursprünglichen IR-Sperrfilter der Fall gewesen wäre. Die Farbwiedergabe beschränkt sich nun wieder auf den sichtbaren Bereich, doch ist sie nicht mehr dem Farbempfinden des menschlichen Auges angepasst.

Ein weiteres Einsatzgebiet für eine astromodifizierte DSLR ist die Infrarotfotografie. Hierbei geht man den genau umgekehrten Weg und blockiert mit einem IR-Durchlaßfilter nahezu den gesamten sichtbaren Spektralbereich. Für diese Art der Fotografie verwende ich einen Filter mit einer Filterkante bei 715nm. Der Sensor nimmt nun Strahlung im Bereich von 715nm - 1000nm auf.
Das ergibt eine sehr interessante, zum Teil auch stark entfremdete Bildwirkung, besonders wenn viel Pflanzengrün im Motiv vorhanden ist.

Wie macht sich nun der Umbau der K10D (im Folgenden K10D(a) genannt) im praktischen Einsatz in der Astrofotografie bemerkbar?

Ich habe mir dazu eine sehr prominente Wasserstoffregion im Sternbild Schwan, den sog. Nordamerika-/Pelikannebelkomplex ausgewählt und Vergleichsaufnahmen unter identischen Bedingungen, also in derselben Nacht, mit meiner K-5IIs und der K-3II gemacht.
Als Objektiv diente mir mein Samyang 2,0/135mm, welches ich bei Offenblende verwendete.
Alle Aufnahmen sind bei ISO 1600 und mit 30s Belichtungszeit entstanden. Um das Bildrauschen zu reduzieren und damit den nutzbaren Dynamikumfang zu vergrößern, wurde jeweils ein Stack von 30 Aufnahmen belichtet.

Das Bildergebnis der Astro-K10D(a) kann, was die Wiedergabe der rotleuchtenden Nebelbereiche angeht, wirklich überzeugen, doch sind ISO1600 für diese Kamera schon grenzwertig, ganz im Gegensatz zur K-5IIs bzw. der K-3II. Die beiden letztgenannten Kameras liegen etwa gleichauf, wobei die K-3II, bedingt durch die höhere Auflösung des Sensors, noch etwas kleinere Sternabbildungen zeigt.

Was die Farbwiedergabe und die spektrale Empfindlichkeit angeht, fällt das Ergebnis gegenüber der K10D(a) allerdings sichtbar ab. Der Nebelkomplex erscheint nicht rot, sondern eher Magentafarben. Das läßt sich damit erklären, dass der Blaufilter der Bayer-Matrix einen ungewollten, aber technisch bedingten kleinen "Transmissionshöcker" im roten Spektralbereich hat (doppelte Wellenlänge).
Zusammen mit der reduzierten Rotempfindlichkeit, im Vergleich zur K10D(a), ergibt dies eine Mischfarbe, in diesem Fall Magenta, für die eigentlich rein rotleuchtenden Nebelgebiete.

Noch ein Hinweis zur Bearbeitung der Aufnahmen:

Wie schon erwähnt, wurden alle Aufnahmen unter den gleichen atmosphärischen Bedingungen und den gleichen Kameraeinstellungen aufgenommen. Außerdem habe ich versucht alle Bearbeitungsschritte bis zum fertigen Summenbild möglich identisch zu halten.
Dies war aber nur bedingt möglich, da der Sensor der K10D(a) bei längeren Belichtungszeiten einen sehr starken Farbgradienten von Grün nach Magenta zeigte, der auch mit sogenannten "Darks" (Dunkelbildaufnahmen) nicht vollständig beseitigt werden konnte.

Fazit:

Der Astroumbau einer DSLR lohnt sich nach meiner Erfahrung definitiv, doch würde dieser bei einer modernen Kamera wie z.B. der K-3II noch erheblich mehr Sinn machen. Will man nicht in den absoluten Grenzbereich vordingen, braucht man bei dieser nicht einmal Dunkelbildaufnahmen, da sie schon ohne diese einen sehr "glatten" Himmelshintergrund zeigt und auch die Hoch-Iso-Tauglichkeit ist absolut von Vorteil. Vor zehn Jahren war jedoch der CCD-Sensor der K10D das Mittel der Wahl und auf der Höhe der Zeit.

Wildlife


Nordamerika-/Pelikannebel- Komplex

Bild 1) astromodifizierte K10D

Bild


Bild 2) K-5IIs

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Bild 3) K-3II

Bild


Bild 4) Gegenüberstellung bei gleicher Skalierung (100%-Ansicht)

Bild


IR-Fotografie

Bild 5) Beispiel einer Infrarot-Landschaftsaufnahme mit der K10Da

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Bild 6) Dieselbe Aufnahme wie Bild 5) jedoch wurden die Rot-/Blaukanäle getauscht

Bild

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Das Motiv vor der Kamera und der Mensch hinter der Kamera sind wichtige Voraussetzungen für das Gelingen einer Aufnahme - eine gute PENTAX dazwischen erhöht den Spaßfaktor bei der fotografischen Arbeit!


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BeitragVerfasst: Fr 14. Aug 2020, 17:22 
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Toll wunderschöne Aufnahmen. Vielen Dank für den ausführlichen Bericht. Ich habe mich schon oft gefragt, wie man solche Aufnahmen realisiert.

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Viele liebe Grüße aus dem sonnigen Bayern und stets interessantes Licht.
Herbert

Meine Bilder bei 1x.com (https://1x.com/snudel)


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BeitragVerfasst: Fr 14. Aug 2020, 17:31 
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Wow!!!,...das nenn' ich mal 'nen knackigen Thread! :2thumbs:

...vielen Dank dafür! :cheers:

ps..ich habe es mit meinen Sigma Cam's auch schon ausprobiert (IR Filter abschraubbar vor dem Spiegekasten),...aber die fetten Iso's mag sie gar nicht,
...und Langzeitbelichten ist auch nicht die Lieblingsübung dieser Spezies. :lol: ,...aber IR "normal"Fotografie macht echt Laune mit den Dingern.

noch nen entspannten Sternenhimmel für Dich :cheers:

Bernd

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Die glücklichen Sklaven sind die erbittertsten Feinde der Freiheit.
(Marie von Ebner-Eschenbach)


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BeitragVerfasst: Fr 14. Aug 2020, 17:36 
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Registriert: Sa 17. Dez 2011, 14:57
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Wohnort: bei Köln
Klasse Beispiele :bravo: :bravo: :bravo:
Hast du den Umbau selbst gemacht oder machen lassen?
Und muss deine K-3II dann vielleicht "dran glauben", wenn der Nachfolger Einzug hält :?: :devil:

_________________
Grueße
Heribert

https://pentaxphotogallery.com/artist-g ... id=3626148


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BeitragVerfasst: Fr 14. Aug 2020, 17:38 
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Registriert: Do 10. Okt 2013, 21:53
Beiträge: 1764
Wohnort: Mittelhessen
Sehr informativ und beeindruckende Aufnahmen - danke sehr! Da juckts einem glatt in den FIngern...

VG Christian

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--- http://www.pentaxphotogallery.com/artists/cschulz ---
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"Der Kopf muss das dritte Bein sein." --- Christoph Daum


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BeitragVerfasst: Fr 14. Aug 2020, 17:54 
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Beiträge: 5851
Ich finde deine Beiträge faszinierend und verspüre den dringenden Wunsch, von deinem Know-How zu profitieren. :2thumbs:

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VLG
Stephan


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BeitragVerfasst: Fr 14. Aug 2020, 18:13 
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Registriert: Do 18. Okt 2018, 12:59
Beiträge: 5236
Wohnort: Aachen
Sehr interessanter Beitrag. Danke für diese lehrreichen Ausführungen :2thumbs:

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Alles Liebe aus Aachen

Walter

Kritik ist erwünscht, auch negative (solange Sie konstruktiv ist) nur so kann man lernen! :2thumbs:
https://www.flickr.com/photos/walterbusch/albums


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BeitragVerfasst: Fr 14. Aug 2020, 18:57 
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Registriert: So 19. Jul 2015, 16:06
Beiträge: 372
Heribert hat geschrieben:
Klasse Beispiele :bravo: :bravo: :bravo:
Hast du den Umbau selbst gemacht oder machen lassen?
Und muss deine K-3II dann vielleicht "dran glauben", wenn der Nachfolger Einzug hält :?: :devil:


Den Umbau habe ich seinerzeit bei Optic Makario machen lassen.

Meine K-3II hat Nichts zu befürchten. Es hat genau ein Jahr gedauert, bis ich mit meiner Astro K10D am Limit des Machbaren angelangt war und ich meine Messlatte deutlich höher aufhängen wollte.
Das war nur mit einer "echten" Astrokamera möglich. Meine Entscheidung fiel damals auf eine QSI583 mit motorischen Filterrad und Off-Axis-Guider.
Bis Heute habe ich den Kauf nicht bereut, und nun setzen mir nur noch die Instrumentengröße bzw. die atmosphärischen Bedingungen Grenzen (manchmal, aber immer seltener auch meine Bildbearbeitungskünste) ;)
Die astromodifizierte DSLR könnte nicht annähernd einem Vergleich mit meiner Astrokamera standhalten.

Wildlife

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BeitragVerfasst: Fr 14. Aug 2020, 19:12 
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Sehr interessant, Danke für die Erklärungen. :2thumbs: :2thumbs: :2thumbs:

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Viele Grüße
Gerd

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BeitragVerfasst: Fr 14. Aug 2020, 19:34 
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Ich habe Deinen Beitrag mit großem Interesse gelesen. Eine Exkursion in die unendlichen Weiten meines Nichtwissens. Vielen Dank!


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