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Der wichtigste Kampf deines Lebens.
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Autor:  Zampel [ Mi 13. Okt 2021, 11:35 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Der wichtigste Kampf deines Lebens.

lab61 hat geschrieben:
Sie hat in etwas folgendes gesagt: [i]"[...] Ich selbst sehe gleichzeitig aber neben diesem Kampf aber auch noch ganz viel Frieden in dem Bild.[...]"

Damit spricht sie mir aus der Seele. Ich sehe da nicht nur Erschöpfung und die Spuren des Kampfes, sondern auch so etwas wie eine ruhige Zufriedenheit, ein Sich-Ausruhen mit einem in sich gekehrten Blick nach einem großen Erfolg. Das mag alles reininterpretiert sein in diesen Bruchteil einer Sekunde, den du eingefangen hast; es kommt trotzdem so bei mir an. Womit aus einem Schnappschuss (?) Kunst wird. Nicht viel anders als bei Kriegsreportern, um diesen zweifelhaten Bogen (wieder zurück) zu schlagen ;-)

Danke fürs Zeigen - ich weiß nicht, ob ich das bei einem Foto meiner eigenen Tochter gekonnt hätte.

VG Christian

Autor:  lab61 [ Mi 13. Okt 2021, 12:25 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Der wichtigste Kampf deines Lebens.

Zampel hat geschrieben:
Das mag alles reininterpretiert sein in diesen Bruchteil einer Sekunde, den du eingefangen hast; es kommt trotzdem so bei mir an.

Aber ist es nicht eben genau das, was ein bewegendes Foto ausmacht?
Dass es (ganz viel) an Gedanken und Gefühlen beim Betrachter auslöst?

Ich hatte zuvor die Dokumentation von 9/11 von den Brüdern Naudet erwähnt, die mich so bewegt hat.
Mir fällt noch eine andere ein. Eine Dokumentation, die wenige Tage nach dem verheerenden Tsunami von 2004 gedreht wurde.
Ein Dokumentarfilmer oder ein Fernsehteam war ganz spontan nach Indonesien geflogen und wollte Aufnahmen von der Katastrophe und ihren folgen machen.
Sie trafen auf dem Flughafen in Jakarta ein und bestiegen ein Taxi, dass sie in ihr Hotel bringen sollte. Und während der Fahr kamen sie mit dem Taxifahrer ins
Gespräch. Auch schon, um sich nach Informationen zu erkundigen, und wie sie evt. ins Katastrophengebiert in die Provinz Ace gelangen könnten.
Und der Taxifahrer sagte ihnen, dass er selbst aus der Gegend stammt und auch keinerlei Informationen hat, wie es seine Angehörigen geht, weil alle Kommunikations-
mittel zusammengebrochen waren. Und dass er überleg, in sein Dorf zu fahren, um zu schauen, wie es seinen Verwandten geht und ob er etwas tun kann:

Und das Team fragte ihn, ob sie ihn begleiten dürften und seinen Weg dorthin im Film festhalten dürfen. Und er stimmte zu. Und so wurde aus aus der Idee, eine
gewöhnliche Reportage zu drehen, eine ganz persönliche Geschichte eines Betroffenen. Auf der Fahrt dorthin erzählte er von sich, seinem Dorf, seinem früheren
Leben dort, bevor er in die Hauptstadt ging. Von seiner Familie und von Freunden, um die er sich nun Sorgen machte. Und bis die Gruppe dort ankam, meinte man
als Zuschauer, den Taxifahrer schon wirklich gut zu kennen.

Als sie dort ankamen, fingen sie Bilder ein, die so dermaßen brachial waren, dass einem die Flutkatastrophe im Ahrtal dagegen vorkommt, als wäre an der Ahr
lediglich eine Eimer Wasser umgekippt. Und in den Spuren dieses Infernos lief der Taxifahrer - mit dem Auto konnte er das letzte Stück gar nicht mehr zurücklegen -
dorthin, wo das Haus seiner Familie zu finden sein sollte... Sofern er das überhaupt noch korrekt verorten konnte. Viele Wegemarken waren ja einfach nicht
mehr da. Und immer war die laufende Kamera an seiner Seite. Er traf dann auch mal das eine oder andere bekannte Gesicht, und erkundigte sich, ob er noch
auf dem richtgien Weg sei und ob jemand etwas wisse von seine Angehörigen.
Sein Haus und alles waren nicht mehr da. Und auch seine Familie fand er auch erstmal nicht - niemanden von ihnen Am Ende der Dokumentation hatte er von
seinen über 100 Verwandten, di in den Dort lebten, nur ganz zwei lebend wiedergefunden. Wie auch im Abspann der Doku zu lesen war, wurde auch nach Wochen
keiner mehr lebend gefunden.... von rund 100 Personen lediglich diese zwei.

Der Mann hat - zumindest vor laufender Kamera - nicht ein einziges Mal geweint, geschrien, gestammelt oder irgend etwas in der Art. Aber die Kamera hat
sein Gesicht immer wieder eingefangen. Und diese Bilder haben mich damals auch total umgehauen. Man konnte als Zuschauer seine Sorge und seinen Schmerz
schon nahezu physisch nachvollziehen.

Zampel hat geschrieben:
Womit aus einem Schnappschuss (?) Kunst wird.

Kunst ist ja - zumindest nach meinem Verständnis - etwas, was man in irgend einer Weise inszeniert; was eher nicht zufällig entsteht.

Zampel hat geschrieben:
Danke fürs Zeigen - ich weiß nicht, ob ich das bei einem Foto meiner eigenen Tochter gekonnt hätte.

Die Frage, ob ich den Moment ein Foto machen sollte und könnte, ging mir natürlich auch in einem Bruchteil von Sekunden durch den Kopf.
Und bevor ich das Foto, oder eben mehrere machte, musste ich das noch ganz kurz mit meiner Frau abklären. Sie wollte auf keinen
Fall selbst mit abgebildet werden in diesem Moment und ihrem Zustand. .. Frauen eben. Denken immer zuerst an ihre Frisur... :rofl: :d&w:
Wir haben das ganz fix abgeklärt, dass ich den Bildausschnitt nur auf Anna konzentriere; dass auch ihre Brust nicht zu sehen sein wird.
Da hat sie dann zugestimmt. Und nachher fand sie das Bild auch sehr stark und war froh, dass ich es gemacht habe.

Man muss in solchen Momenten auch mal in der Lage sein, sich über Konventionen hinwegzusetzen; etwas sonst undenkbares eben doch weiter
zu denken und danach zu handeln. Man muss eben einfach auch mal einer eigentlich eher schrägen Inspiration nachgeben. Man kann Bilder
danach immer noch wegschmeißen, wenn man es doch nicht angemessen eingefangen hat. Aber wenn man sie erst gar nicht macht,
wird die Chance, ein außergewöhnliches Bild zu machen, von Vornherein vertan.

BG
Lutz

Autor:  GuidoHS [ Mi 13. Okt 2021, 13:54 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Der wichtigste Kampf deines Lebens.

Lutz, Zunächst vielen Dank, dass Du mir eine PN geschickt hast. Du hast völlig recht: was auf den Fotografen emotional wirkt, weil er einen bestimmten Augenblick damit verbindet, wirkt auf andere Betrachter ohne diesen Bezug u.U. beliebig. Also, alles gut :cheers:

Das Bild deiner Tochter Anna hat mich ziemlich angefasst. Es zeigt die Erschöpfung, die vergangene Anstrengung und vermittelt (für mich) gleichzeitig das Glück, das man empfindet, wenn ein kleiner Mensch den ersten Kampf ins Leben und vielleicht sogar ums Leben geschafft hat.

Ich habe mir die Beiträge nun alle nochmal durchgelesen und muss sagen, dass ich diesen Thread nach anfänglichem Zögern nun großartig finde. Das liegt an deinem Foto, aber auch an den tiefen Diskussionsbeiträgen.

Fotografisch kann ich nichts dazu beitragen. Damit bin jedenfalls derzeit überfordert. Überlegt habe ich, ob ich was schreibe und mich dazu entschlossen, weil ich dies hier zumindest tlw. angestoßen habe es gedanklich zum „Kampf“ passen kann:

Ich denke, dass sich nicht alle schweren Kämpfe darstellen lassen.
Es war ein geistiger Kampf, der mich eine gewisse Zeit an meine Grenzen gebracht hat. Du schaukelst deine Enkeltochter auf dem Arm und denkst gleichzeitig daran, dass ein Menschlein, das du vor vielen Jahren auch auf dem Arm geschaukelt hast, entschieden hat, diese Welt zu verlassen. Glücklicherweise erfolglos, aber der Gedanke daran und an das „Warum“, das lässt dich nur schwer aus den Fängen. Es gibt Darstellbares und nicht Darstellbares: Körperliche Wunden, Schmerzen, Trauer, das alles kann man auf irgendeine Weise dokumentieren. Und man kann es löschen, wenn es nicht gefällt. Die mentale Wunde, das dauernde Aufflackern von Bildern, das Foto im Kopf, das lässt nicht so einfach löschen.

Autor:  Zampel [ Mi 13. Okt 2021, 15:04 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Der wichtigste Kampf deines Lebens.

lab61 hat geschrieben:
Zampel hat geschrieben:
Das mag alles reininterpretiert sein in diesen Bruchteil einer Sekunde, den du eingefangen hast; es kommt trotzdem so bei mir an.

Aber ist es nicht eben genau das, was ein bewegendes Foto ausmacht?
Dass es (ganz viel) an Gedanken und Gefühlen beim Betrachter auslöst?

Keine Frage! Ich wollte hier auf den Unterschied hinaus, diese Gefühlslagen in den Blick eines wenige Minuten alten Babys hineinzulesen oder - als Gegenbeispiel - in jemanden wie den Taxi-Fahrer aus der Tsunami-Reportage, die du erwähntest. (NB: Klingt großartig - habe ich leider nicht wahrgenommen.)

lab61 hat geschrieben:
Zampel hat geschrieben:
Womit aus einem Schnappschuss (?) Kunst wird.

Kunst ist ja - zumindest nach meinem Verständnis - etwas, was man in irgend einer Weise inszeniert; was eher nicht zufällig entsteht.

Richtig - aber ich glaube, da gibt es auch Zwischenstufen (mehr oder weniger ist das eine Frage, wie man "Kunst" genau definiert). Ich dachte jetzt an Fotos, die wirklich Schnappschüsse sind und wo der "richtige Moment" zumindest zum Teil auch zufällig erwischt wird. (Es gibt ja auch "Kunst", die komplett auf Zufall aufgebaut ist, wo aber die Absicht dann auf einer Meta-Ebene existiert.)
Ich denke aber, dass ich vermutlich diesen Schnappschuss-Moment bei deinem Foto etwas überbewertet habe? Denn im Nachhinein betrachtet stelle ich mir die eingefangene Situation nicht sehr (bewegungs-)dynamisch vor.

lab61 hat geschrieben:
Zampel hat geschrieben:
Danke fürs Zeigen - ich weiß nicht, ob ich das bei einem Foto meiner eigenen Tochter gekonnt hätte.

Und nachher fand sie das Bild auch sehr stark und war froh, dass ich es gemacht habe.

Das ist eine Sache. Die andere ist dann, dieses doch auch sehr intime Foto - was die sehr persönlichen, damit verbundenen Gefühle betrifft - auch öffentlich zu zeigen.

VG Christian

Autor:  ErnstK [ Mi 13. Okt 2021, 15:42 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Der wichtigste Kampf deines Lebens.

lab61 hat geschrieben:
...Aber ist es nicht eben genau das, was ein bewegendes Foto ausmacht?
Dass es (ganz viel) an Gedanken und Gefühlen beim Betrachter auslöst?...
... Lutz, dass man dich nunmehr persönlich mit Namen ansprechen kann- wir sind nämlich keine Roboter die dir hier antworten :nono: 8-) möchte ich mich nunmehr hier auch zu Wort melden ...
... dein letztes Bild war für mich ausschlaggebend dafür- ich durfte dreimal dieses Ereignis vor Ort miterleben und es berührt mich sehr...alle drei wurden Erwachsene und sind gesund
... und hier kommt das Gegensätzliche- aufgrund einer Fehldiagnose in 1988 lebe ich Tag für Tag nur noch als Schatten meiner selbst... einen Kampf den ich fast verloren hätte
... ./. Ehrgeiz und unbändiger Wille geben mir vielleicht noch paar Jährchen

NG und vielen Dank für diesen Thread- ist sehr emotional für mich :ja:
Ernst

Autor:  Jeep [ Mi 13. Okt 2021, 16:31 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Der wichtigste Kampf deines Lebens.

ein sehr beeindruckendes Bild Lutz ja ich kenne das von meiner Tochter und erinnere mich gerne daran
LG Gerd

Autor:  lab61 [ Mi 13. Okt 2021, 17:53 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Der wichtigste Kampf deines Lebens.

Lieber Ernst,
das hört sich dramatisch an, was Du da über deine eigene Situation andeutest.
Ich wünsche dir viel Kraft und Lebensmut, es durchzustehen. Und ich wünsche dir, dass es dir irgendwann auch wieder besser gehen wird.
Lass dir deine Leidenschaft für das, was uns hier zusammenführt, Motivation geben, deinen Weg weiter zu gehen und dich nicht fallen zu lassen.
Du hast, wie du auch geschrieben hast, Menschen, denen Du sehr viel wert bist. Das sollte einem immer auch Kraft geben, sich nicht aufzugeben.
Und mag die Situation noch so beschwerlich sein.


Ich danke Euch für eure Teilnahme an der Diskussion.

Dieses doch sehr intime Foto, wie Christian ja völlig zutreffend anmerkte, habe ich seinerzeit nicht mit dem Gedanken gemacht:
"Jetzt habe ich etwas, was ich fotografieren kann, was nicht jeder hat. Und womit ich nachher in Fotoforen jede Menge Fame einheimsen kann."

Meine persönliche Ergriffenheit hat mich seinerzeit dazu motiviert, es einzufangen. Das überwältigende Gefühl, gerade erneut Vater geworden zu sein.
Und eben auch die Erleichterung, dass es dieses Mal mit der Geburt doch noch in letzter Minute auf natürlichem Weg geklappt hat. Meine Frau
hat nach dem Kaiserschnitt des großen Bruder ewig lange an diesem Schnitt, der ihr ja quer durch die Bauchmuskulatur ging, gelitten. Monatelange
schmerzen und das Gefühl, mit en Bauchmuskeln nichts mehr leisten zu können. Die Geburt an sich mag für eine Mutter zu dem Zeitpunkt scheinbar
einfacher und leichter abzulaufen. Aber sie bezahlt es hinterher mitunter mit sehr langen Zeiten der Beschwerden und der fehlenden Spannkraft der
Muskulatur. Ich war erleichtert, dass ihr das nicht noch einmal angetan werden musste. Das ist eben ein Schnitt quer über den Bauch bis ganz rein.
Früher sind die Menschen an sowas gestorben.

Und dann eben der Anblick, den mir meine, von diesem Kampf gezeichnete Tochter bot. Das wollte ich im Bild festhalten. Eigentlich nur für uns. Für mich,
für meine Frau, und natürlich für die kleine Anna; um es ihr später einmal zeigen zu können. Erst die Reaktionen der Hebammen und der auf der Ärztin,
und von engen Verwandten und Freunden hat mir bewußt werden lassen, dass das Bild auch eine starke Wirkung auf persönlich unbeteiligte Menschen
ausübt, und sie teilweise tief bewegt. Und da sind mir dann im Vergleich die anderen, von mir genannten Beispiele eingefallen, von denen ich selbst als
gänzlich Unbeteiligter so bewegt wurde. Da ist mir erst klar geworden, dass das Bild ist, das man auch öffentlich teilen kann und sollte. Und es freut mich,
dass es etliche von Euch ebenso sehen.


ich verspreche jetzt aber, als nächstes wieder eine retuschierte Schönheit zu zeigen. :mrgreen:

Euch allen einen schönen Abend.

Autor:  Hannes21 [ Mi 13. Okt 2021, 18:45 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Der wichtigste Kampf deines Lebens.

Moin Lutz!

Ich habe mir jetzt auch den ganzen Thread durchgelesen und ich finde es gut, dass du dieses Bild, um das es dir eigentlich ging, vorbereitet hast.
Ich denke, dass es unvorbereitet sicherlich auch ablehnende Reaktionen gegeben hätte.
Die meisten von uns kennen eben Neugeborenenbilder nicht unmittelbar nach Geburt, blutig und noch mit Käseschmiere bedeckt, sondern gesäubert und friedlich schlafend, was auch dann dieses "ach wie niedlich" auslöst. Unvorbereitet kann so ein Bild auch schnell "schockierend" wirken.

Ich habe da als Mediziner und Pädiater einen anderen Blick, der sich im Laufe der Jahre einfach einstellt.
Ich kann mich noch als junger Student an die erste Geburt erinnern, bei der ich zuschauen durfte. Es war leider keine schöne Geburt, stressige Atmosphäre, viel Blut und hätte es noch länger gedauert, bis das Kind zur Welt kam, hätten sie mich vom Boden aufheben müssen.
Glücklicherweise war ich dann noch bei einer schönen fremden Geburt dabei, und dieser emotionale Moment, obwohl es nicht mein Kind war, hat mich emotional tief berührt.

Und glücklicherweise kamen alle meine drei Kinder auf natürlichem Wege zur Welt, und ich konnte immer dabei sein und unterstützen.
Keine Ahnung, warum es die Natur so eingerichtet hat, dass Frauen bei der Geburt solch heftige Schmerzen erleiden müssen, aber Vieles wird hinterher auch verdrängt, sonst würden die Frauen ja kein zweites oder drittes Kind mehr wollen.

In Grenzsituationen (Tsunamie, Flutkatastrophe im Ahrtal, Kriegsberichterstattung) zu fotografieren finde ich persönlich immer schwierig, einerseits ist es aus dokumentarischer Sicht wichtig, der Welt die Geschehnisse zu zeigen, anderseits kommt man sich angesichts von Leid und Not oft selbst als außenstehender "Paparazzi" vor.

Ich habe auf der Heimfahrt von Rügen an einer Tankstelle eine obdachlose Person gesehen, ihre Habseligkeiten in einem Einkaufswagen, auf dem Boden sitzend, mit Zeitung und Kaffee im Pappbecher. Soll man so etwas fotografieren, um unserer reichen Überflussgesellschaft den Spiegel vorzuhalten? Oder eine Frau, die in einem Abfalleimer nach Flachen sucht, um sich ein paar Kröten zu verdienen.

Meine eigenen Grenzerfahrungen habe ich nicht dokumentiert, die Bilder sind im Kopf: Eine schlimme Nacht, wo man stundenlang um das Leben eines Kindes gekämpft hat, oder das Auf und Ab um das Leben auf der Frühgeborenenstation und die damit verbundene emotionale Achterbahnfahrt der Eltern.

Ich selbst freue mich immer, wenn jemand wie Guido stolz Bilder von Neugeborenen zeigt, auch wenn ich emotional nicht so berührt bin, wie ein Vater unmittelbar nach Geburt, so freue ich mich doch jedesmal mit und kann gut verstehen, warum die Bilder gezeigt werden.

Und Schönheit bei Frauen hängt nicht nur von makeloser Haut ab, ich schau mir aber auch gerne retuschierte Schönheiten an, auch wenn ich eine andere Vorstellung von "schön" habe. Du darfst also gerne auch wieder retuschierte Schönheiten zeigen. :mrgreen:

Autor:  lab61 [ Mi 13. Okt 2021, 22:32 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Der wichtigste Kampf deines Lebens.

Hannes,
ich finde diesen Thread selbst auch sehr spannend. weil er auch andere Foristen dazu gebracht hat, etwas von sich persönlich preiszugeben.
Bei dir z.B. ist es dein Beruf. Den finde ich gerade im Zusammenhang mit diesem Thema überraschend spannend.

Ich denke auch, dass das bloße Einstellen des Fotos, ohne die recht ausholende "Anmoderation" möglicherweise auch, neben denen, die ausgedrückt haben, dass das Foto
im emotional unter die Haut geht, auch kritischere Reaktionen erzeugt hätte.

Aber mir ging es ja nicht allein um das Thema Geburt, und wie man es darstellen kann. Dieses Bild hat mich ja animiert, es in einem deutlich weiter gefassten Kontext
zu präsentieren. In der Hoffnung, auch selbst hier ein paar Bilder gezeigt zu bekommen, die auch mich bewegen könnten und auch würden. Aber das kann ja noch passieren.

Die vielen Reaktionen, die mir hier in der Diskussion, aber auch in persönlichen Nachrichten übermittelt wurden, haben nun wiederum mich tief bewegt.
Sie haben mir gezeigt, dass es mir tatsächlich zum ersten Mal in meinem Leben gelungen ist, und möglicherweise kein weiteres Mal gelingen wird, ein Bild aufzunehmen,
dass nicht mur mich wegen meiner engen Bindung an das Ereignis und die abgebildete Person, so sehr berührt. Sondern das darüber hinaus tatsächlich auch nicht
wenige Menschen, die diesen persönlichen Bezug nicht haben, und denen ich noch nie im Leben persönlich begegnet bin, ebenfalls sehr bewegt.

Mit Spannung warte ich immer noch auf das erste Feedback einer Frau (und Mutter).
Aber das Geschlechterverhältnis in einem Fotografie-Forum scheint in etwa dem zu entsprechen, das man in einem Automobil- und Tuning-Forum vorfindet. Das sieht man
ja auch, wenn man aml zu einen Foto-Stammtisch geht. Aber mal schauen. Vielleicht kommt ja noch etwas.

Ich habe gerade darüber nachgedacht, von welchem Model ich welche(s) Bild(er) als nächstes in einem neuen Thread präsentieren soll. Und merke gerade, wie ich es mir
durch diesen Thread selbst schwer gemacht habe, ein Model und dessen Bilder auszuwählen, das/die nicht direkt nach diesem Thema gnadenlos abkacken.

Autor:  mein Krakau [ Do 14. Okt 2021, 08:31 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Der wichtigste Kampf deines Lebens.

aloislammering hat geschrieben:
Ein sehr beeindruckendes Foto, welches bei mir eine grosse, schon intime Nähe zum Ereigniss auslöst und letztendlich doch ein Foto ist, das unheimlich viel Zuversicht und Zufriedenheit ausstrahlt.


Dem kann ich nur zustimmen. :ja:

lab61 hat geschrieben:
Und noch schlimmer finde ich im Prinzip diese Stil, der sich irgendwann mal herausgebildet hat, wo professionelle Fotografen, meist sind es Fotografinnen,
das sauber geleckte, ins reinster Bekleidung eingehüllte Baby in einen Weidenkorb, einen Zinkeiner oder eine Holzkiste zusammen mit etwas Stroh oder Holzwolle,
mit einem Strickmützchen aufgesetzt und einen Plüschhäschen daneben. Präsentiert wie ein Osterei oder eine Weihachtsdekoration.


Diese Abwertung wiederum verstehe ich nicht. Mein Ding ist das zwar definitiv auch nicht, aber es ist doch eine reine Geschmackssache und solche Fotos haben durchaus ihre Liebhaber und somit ihre Berechtigung.

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