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Irgendwo da oben
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Autor:  User_07647 [ Mo 25. Mär 2019, 21:10 ]
Betreff des Beitrags:  Irgendwo da oben

Letzten Sonntag ging es mal nach Schwerin, einem Ort, der irgendwo da oben liegt, zwischen New York und Moskau, oder vertikal betrachtet – zwischen Oslo und Mombasa.
Schwerin ist ein trauriger Ort, denn der Ort ist vollkommen entvölkert. Nach der Wende gab es dort nur noch Sozialhilfeempfänger, denen man nach der Hartz-4-Reform die Stütze gestrichen hat. Schuld daran ist die SPD. Das an dieser Stelle einmal deutlich zu betonen, ist mir ein äußerst wichtiges Anliegen!
Inzwischen sind also alle Ureinwohner verhungert, der Ort ist menschenleer, nur ein paar Neonazis und Flüchtlinge teilen den Ort unter sich auf und zocken staunende Touristen ab. Von irgendwas muss man halt leben, wenn's keine legalen Jobs mehr gibt.
Die Stadt ist übrigens extrem klein. Sie ist so klein, dass man mit ausgestreckten Armen gleichzeitig Ortsein- und -ausgangsschild berühren kann.

01. Hier wohnten die Eingeborenen, bevor die Wende alles in den Abgrund riss.

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02. Überreste menschlichen Lebens. Diese Autos stehen schon seit langem ungenutzt herum, seit die Eingeborenen alle verhungert sind.

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03. Auch die Apotheke ist schon lange geschlossen. Hier gibt es niemanden mehr, den die Medikamente retten könnten.

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04. Leere Gleise, die vor sich hinrosten. Es fährt kein Zug nach Nirgendwo.

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05. Ein Stones-Plakat erinnert an bessere Zeiten.

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06. Überall Gammel und Rost, besonders an der Vorderachse.

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07. Leere Einkaufspassage

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08. Auch vor dem Lichttheater weit und breit kein Lichtblick.

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09. Also suchte ich mir einen freien Platz in einem Restaurant, was nicht besonders schwer ist, in einer leeren Stadt.

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10. An der Wand hängen Musikinstrumente von sanktionierten Hartz-4-Empfängern, die ihre kostbaren Liebhaberstücke für einen trockenen Laib Brot eintauschen mussten.

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11. Im Radio war darüber selbstverständlich nichts zu hören, wegen der Zensur.

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12. Die Person hinter dem Tresen ist nicht echt, nur eine Puppe, um Touristen Geschäftigkeit vorzutäuschen.

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13. Auch angenehmes Licht …

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14. … dient selbstverständlich nur dazu, Touristen in die Irre zu führen.

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15. Für den Koch war das Tauschgeschäft mit den Instrumenten zunächst mal ein gutes Geschäft, doch allmählich wurde er dick und übergewichtig und verstarb schließlich an Herzverfettung. Daher musste ich mir mein Gericht selber kochen und entschied mich für Bratwurst mit Bratkartoffeln und Grünkohl. In dem kleinen Krug auf dem Teller befand sich der gute alte Bautzner Senf.

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16. Zwei weitere Touristen-Täuschkörper. Eine perfiede Methode, ich wäre fast drauf reingefallen!

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17. Täuschkörper. Sehr unauffällig. Und fast lebensecht.

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18.

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19. Kirchentürme zeigen einem, wo Gott wohnt.

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20. Nein, dass ist nicht der Schweriner See, sondern nur der Dorfteich.

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21. Der Versuch, mehr Touristen mittels Loch-Ness-Masche in den Ort zu locken, scheiterte kläglich am diletantisch-infantilen Versagen der Kreatur-Designern.

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22.

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23. Täuschend echt: Die meisten ansehnlichen Gebäude in Schwerin sind nur Filmkulissen, gefertigt aus Styropor. Zufällig wurde ich Zeuge, wie zwei Bauarbeiter das Gebäude rechts mit den Säulen heranschafften und dort abstellten. Leider war der Autofokus zu langsam, so dass ich den Beweis schuldig bleiben muss. Typisches Pentax-Problem, wieder mal …

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24. Auch hier wieder Styropor. Nur rechts, der Baum, ist aus Holz.

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25. Das hier ist er aber wirklich, der Schweriner See. Ganz und gar künstlich, selbstverständlich. Man hob eine große Grube aus, pullerte so lange hinein, bis ein ausreichender Wasserstand erreicht war und gab das Gewässer anschließend für Badegäste frei.

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26. Und hier sitzt er, in einem eigens für ihn errichteten Schloss, der grausame Tyrann, der menschenverachtende Titan, der unsoziale Sozialhilfekürzer – Friedrich Heinrich Arthur Louis Otto Wilhelm Henry Albrecht Michael Ludwig Harald Sigismund Lothar Ladislaus von Pieselsee (SPD), derzeit aktiver Ministerpräsident und König von Schwerin.
Er allein ist für den Bevölkerungsschwund verantwortlich.

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27. Bei Licht betrachtet, wird erst deutlich, in welch verschwenderischem Luxus Friedrich Heinrich Arthur Louis Otto Wilhelm Henry Albrecht Michael Ludwig Harald Sigismund Lothar Ladislaus von Pieselsee lebt. Wen wundert's, schließlich hat er keine hohen Sozialkosten mehr zu schultern.
Und wie es im Inneren des Schlosses aussieht, erfahrt Ihr in der Fortsetzung …

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Autor:  pstenzel [ Mo 25. Mär 2019, 22:19 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Irgendwo da oben

Komisch, ich habe Schwerin ganz anders in Erinnerung (war aber Tourist...). Hättest du nicht so lange belichtet, wären ev. auch Menschen sichtbar geworden.
Bin gespannt auf die Fortsetzung.

Autor:  User_07647 [ Mi 27. Mär 2019, 20:42 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Irgendwo da oben

So, und weiter geht's:

28. Das Museum. Hier gehen meist Leute hin, die in der guten alten Zeit hängengeblieben sind.

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29. Was für ein Theater!

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30. Was für ein Theaterschauspieler! Conrad Ekhof muss ein wirklich begnadeter Schauspieler gewesen sein, entweder mit einer bemerkenswerten Stimme oder einer umwerfenden Mimik, oder beides, denn wie an dem Denkmal deutlich zu erkennen, war er Zeit seines Lebens schwerst behindert – keine Arme, keine Beine, nicht mal einen Rumpf. Nur Kopf und Hals, und trotzdem haben sie ihm ein Denkmal gesetzt. Wirklich beeindruckend.

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31. Hier das Denkmal für den unbekannten Homosexuellen. Der Steinmetzmeister wählte eine nicht eindeutig einem Geschlecht zuzuordnende Person zwischen regenbogenfarbenen Wolken und mit einem aufrecht in der Hand gehaltenen Ständer auf einer Siegessäule als Ausdruck für die großen Verdienste der Menschheit im Kampf um die soziale Anerkennung der Homosexualität.
Die noch in der Stadt verbliebenen Neonazis und Flüchtlinge versammeln sich einmal im Jahr an dieser Stelle, um feierlich Blumen niederzulegen.

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32. Für dieses Foto musste ich kurz mal den fließenden Verkehr hinter mir unterbrechen, aber ich glaube, die Autofahrer waren auch alle begeisterte Fotografen, denn sie hupten fröhlich und verständnisvoll.

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33. Derselbe Steinmetzmeister, der auch die Siegessäule entwarf, war übrigens bekennender Kommunist, daher schmückte er das Schloss mit einem Bildnis des jungen Karl Marx, der sich als armer Student noch keinen Mercedes leisten konnte und mit dem Pferd zur Uni reiten musste. Deswegen ist Schwerin auch ein heimlicher Wallfahrtsort für Kommunisten aus aller Welt, die zusammen mit den Neonazis und den Flüchtlingen feuchtfröhliche Versöhnungspartys feiern.

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34. Hier, schon wieder – Kommunisten. Kommunisten, Kommunisten, überall Kommunisten! Daneben ein Echtholzbaum. Und im Hintergrund schon wieder dieses Theater.

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35. Im Oberstübchen Karl Marx von unten.

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36. Styropor. Man darf sich auf keinen Fall gegen die Wand lehnen, sonst fällt man glatt hindurch.

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37. Hinter diesen Säulen verstecken sich häufig kommunistische Attentäter, um Ministerpräsident und König von Schwerin, Friedrich Heinrich Arthur Louis Otto Wilhelm Henry Albrecht Michael Ludwig Harald Sigismund Lothar Ladislaus von Pieselsee, ins Jenseits zu befördern. Doch diesem gelang es bisher stets, die Angriffe mit Hilfe des Zauberwortes „Koalition“ abzuwehren.

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38. Der Schlossinnenhof. Die Fassade wurde in DDR-bewährter Plattenbauweise mit schmückender Styropor-Verkleidung errichtet.

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39. Kommunisten! Überall Kommunisten! Auf dem Weg zum Wallfahrtsort.

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40. Das Denkmal für den unverdient unbekannten Geschichtenerzähler.

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41. Geschichtenerzähler haben die verantwortungsvolle Aufgabe, eine rhetorische Brücke zu bauen, zwischen Bild und Bildbetrachter.

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42. Und so endet die unbekannte Schweriner Geschichte, erzählt vom unverdient unbekannten Geschichtenerzähler.

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Autor:  Alaric [ Mi 27. Mär 2019, 21:15 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Irgendwo da oben

Schwerin kenne ich! Bei meinem Besuch - einige Jahre liegt er zurück - lebten dort noch Menschen, ich kann mich noch gut erinnern!
Deine Bilder gefallen mir, allerdings hättest du so manches Bild gerade rücken können.

Die Erzählung gefällt mir auch ... allerdings ... für wen spielt im Kino Andrè Rieu (#8), wenn nur noch Neos und Migranten die Stadt bevölkern? Neonazis hören doch etwas andere Musik, härter und brutaler als der holländische Fidelmeister je spielen könnte.
Ich muss also leichte Zweifel an deiner Geschichte anmelden ... :mrgreen:

Autor:  User_07647 [ Mi 27. Mär 2019, 21:20 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Irgendwo da oben

Alaric hat geschrieben:
Ich muss also leichte Zweifel an deiner Geschichte anmelden ... :mrgreen:

Echt jetzt? Du findest sie unglaubwürdig? :ugly:
Welchen Teil genau meinst Du? :mrgreen:
Ich schätze mal, André Rieu hat auch kernige Marschmusik im Marschgepäck. Wer so lange erfolgreich im Geschäft ist, kann alles auf Zuruf spielen.
Aber ehrlich – das ist mir auch aufgefallen. Ein Kinofilm? Über Rieu? Wer guckt sich den sowas an? :lol:
Aber gut, seine Konzerte sind ja immer knüppeldicke voll. :rolleye:

Autor:  Hef Buthe [ Mi 27. Mär 2019, 21:29 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Irgendwo da oben

sehr gut fotografiert und erzählt. Was hast du denn fürn Beruf? tippe mal auf Märchenonkel, der auf die Pentax als Waffe gekommen ist.

Autor:  User_07647 [ Mi 27. Mär 2019, 21:35 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Irgendwo da oben

Hef Buthe hat geschrieben:
Was hast du denn fürn Beruf?

Ich bin seit über 20 Jahren als Mediendesigner in Werbeagenturen und Marketingabteilungen unterwegs, derzeit angestellt bei einem Softwarehersteller. Ich gestalte Print und Web, fotografiere, schreibe, drehe Videos usw.

Autor:  Bronco [ Mi 27. Mär 2019, 22:29 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Irgendwo da oben

Mannomann... Das war knapp! Bei den Bildern hätte ich fast gedacht, dass das die schöne Stadt ist, die ich schon mehrfach besucht habe. Gut, dass Du das in den Kontext eingeordnet hast :rolleyes:

Sehr kreativ, das geht schon als Satire durch :thumbup:

Herzliche Grüße
Rainer

Autor:  User_07647 [ Mi 27. Mär 2019, 22:35 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Irgendwo da oben

Bronco hat geschrieben:
Sehr kreativ, das geht schon als Satire durch :thumbup:

So möchte ich das bitteschön auch verstanden wissen, nicht dass noch jemand auf die Idee kommt, sich wutschnaubend an einigen der heiklen Schlagwörter hochzuziehen. :ja:

Autor:  pentidur [ Do 28. Mär 2019, 12:06 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Irgendwo da oben

Vielen Dank für die Liebeserklärung der etwas anderen Art. Du weißt dich auszudrücken.

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