Vorgestern hat sich ein schöner Sonnenuntergang angekündigt, ich musste aber noch mit einem Auftrag fertig werden. Wettlauf gegen die Zeit, Mail abgeschickt, Fotorucksack geschnappt, Stativ vergessen, aber schon draußen gewesen, wieder zurückgerannt, Stativ geholt und zur Weichsel gerannt. Eigentlich wären andere Orte besser gewesen, aber zeitlich war es nicht mehr drin.
Auf der #61 ist die Paulinerkirche "Auf dem Felsen" zu sehen, die zu einer der ältesten Klosteranlagen Krakaus gehört.
#61
Weiter zur Königsburg Wawel.
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Und noch ein Pano der Burg.
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Sah ganz nett aus, aber das richtige Spektakel spielte sich auf der anderen Seite ab. Gelegenheit, Euch mal den Drachen vorzustellen. Krakau hat extremst viele Legenden. Die meisten werden sich vielleicht noch an den Brockhaus erinnern (für die Jüngeren unter Euch: Das war so was wie die Wikipedia in gedruckter Form), so dick sind die Bände der Krakauer Legenden.
Die Legende des Waweldrachens in Kurzform: Es war einmal ein Drache, der lebte in einer Höhle unter der Königsburg auf dem Wawel. Und er machte das, was Drachen nun mal in so einer Legende machen: die Stadt tyrannisieren und die Jungfrauen fressen. Der König machte das, was Könige nun mal in so einer Legende machen: seine besten Ritter vorschicken, damit sie den Drachen besiegen mögen. Die besten Ritter machten das, was beste Ritter nun mal in so einer Legende machen: gnadenlos versagen. Und dann kam ein Schusterjunge, der das machte, was Schusterjungen nun mal in so einer Legende machen: die rettende Idee haben. Er stopfte ein totes Schaf mit Schwefel aus und warf es dem Drachen zum Fraß vor. Der Drache fiel auf die List rein und fraß das Schaf. Doch wegen der Wechselwirkung des Schwefels mit seinem Feuermagen bekam er so einen großen Durst, dass er sich in die Weichsel warf und so lange trank, bis er platzte. Übrigens gibt es vielleicht einen Grund für die Drachenlegende: In der angesprochenen Höhle waren im Mittelalter Kneipen und Bordelle untergebracht. Wahrscheinlich wollten die, die sich dort vergnügten, nicht, dass die braven Bürger vorbeischauen und ließen sich zur Abschreckung die Geschichte vom bösen Drachen einfallen.
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Da in Krakau auch heute noch gerne Legenden weitergesponnen werden, erzählt man den Kindern, dass der Drache morgens und abends mit seinem Feuer den Himmel zum Leuchten bringt. Ich hab's mal dokumentiert.
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Die Skulptur des feuerspeienden Drachen stammt von Bronisław Chromy, einem der besten Bildhauer der Stadt, vor 3 Jahren leider verstorben. Er hatte neben seinem Talent einen feinen Humor und war auch sehr sympathisch.
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Man sieht auf den ganzen Fotos übrigens, wie wenig los ist. Normalerweise wären sowohl Krakaubesucher als auch Einheimische unterwegs gewesen, zum Abendspaziergang entlang der Weichsel oder um zum ersten oder zum tausendsten Mal den Drachen zu sehen.
Das wellenförmige Gebäude am anderen Weichselufer beherbergt das Museum der Japanischen Kunst und Technik Manggha, mit einer recht interessanten Geschichte. Der Krakauer Kunstsammler Feliks "Manggha" Jasieński begeisterte sich für die japanische Kunst und Kultur. Seine große Sammlung beeinflusste um die Jahrhundertwende viele der Krakauer Jugendstilkünstler, weswegen bei der Krakauer Variante des Jugendstils (genannt Junges Polen) auch japanische Elemente zu entdecken sind. Die Sammlung vermachte Jasieński dem Krakauer Nationalmuseum. Kurz nach Kriegsende gab es eine Ausstellung dazu, die der junge Andrzej Wajda sah. Er war schwer beeindruckt und vergaß die Sammlung jahrzehntelang nicht, obwohl sie in Archiven verstaubte. In den 80ern bekam der inzwischen weltweit bekannte Regisseur dann einen japanischen Filmpreis verliehen und stiftete das Preisgeld für den Bau eines Museums. Der Entwurf für das Museum stammt vom japanischen Architekten Arata Isozaki, der dafür mit Krzysztof Ingarden zusammenarbeitete, der wiederum der wohl bekannteste Krakauer Architekt ist.
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Zum Abschluss gibt es Polens längste Plakatwand zu sehen, das ehemalige Hotel Forum, nach der Eröffnung 1989 für ein paar Jahre Krakaus luxuriösestes Hotel. Der Architekt war Janusz Ingarden, Onkel des Architekten vom Manggha-Museum. Im Hotel schlief beispielsweise Steven Spielberg während der Dreharbeiten zu Schindlers Liste. Inzwischen ist das Hotel schon seit Jahren dicht und dient den Krakauer Hipstern als Klubokawiarnia Forum Przestrzenie. Derzeit natürlich coronabedingt geschlossen.
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