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BeitragVerfasst: Do 16. Jul 2020, 17:24 
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Registriert: Mo 16. Jan 2012, 13:55
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Das nachfolgende war mein zusammenhängend größtes Fotoprojekt des letzten Jahres. Ich will daher etwas mehr dazu erzählen.

Das Technische Glas Ilmenau war eines der bzw. neben dem Jenaer Glas das modernste technische Glaswerk in der DDR. Zur Wende hatte es eine riesige Ausdehnung und einen zumindest in Teilen westlich modernen Stand, wurde aber von der Treuhand zerkloppt. Es blieben viele kleine Firmen, ein teilweise verlassenes und dann umstrukturiertes Industriegebiet und eben auch eine Kernfirma mit der Glasproduktion zurück. Da man Entwicklung, Werkzeugbau etc. von der Glasproduktion in einzelne Firmen abgespalten hatte, war ein Ende auf Raten eigentlich abzusehen. Dieses Ende zog sich aber schmerzlich schleichend bis 2018 dahin. Dann wurde als letztes die Kapillarlinie für Fieberthermometer verkauft und abgebaut.

Die Firma, in der ich arbeite, steht auf dem Gelände der ehemaligen Betriebsfeuerwehr und die verbliebenen Kern-Glasproduktionsgebäude ist quasi nebenan. Ich selbst hatte nie Bezug dazu, radele aber jeden Tag quasi da vorbei und sehe den langsamen Verfall. Selbst das verbliebene Gelände besteht noch aus großen Hallen, deren Nutzung über die Jahre nach und nach eingestellt wurde. Ohne eine Ahnung, was da wirklich noch im Inneren ist, wurde ich immer heißer interessierter.

Also, angefangen rumzutelefonieren. Wenn man einmal eine telefonische Witterung aufgenommen hat (jemanden erwischt, der zwar nicht zuständig ist, aber jemanden kennt, der jemanden kennt...) geht das dann wirklich schnell. Nach etwa 4 Telefonaten hatte ich den örtlichen Verwalter/Schlüsselhalter an der Strippe und der verwies mich sichtlich verwirrt, ob meines komischen Anliegens, an die derzeitige Eigentümerfirma (tschechisch, aber ein Sitz in Bayern). Die waren recht kooperativ, ich musste nur eine Erklärung unterschreiben, dass ich das auf eigene Gefahr mache und weiß, dass es da drin gefährlich ist. Klaro.

Allerdings bekam ich leider keinen Schlüssel, sondern wurde zweimal für mehrere Stunden rein gelassen und bekam zusätzlich das erste Mal eine Führung durch die abgeschlossenen Bereiche. Am Angang war unklar, wie sich das entwickelt. So hatte ich bei der Führung kein Stativ und nur das verfügbare Licht - und keine große Zeit da irgendwas zu planen, weil der Führer immer wartete.

OK, genug geschwätzt. Bei den Bildern sag ich dann sicher noch was dazu.

Erstmal gibt es zur Einordnung ein paar Übersichtsbilder, noch ohne Lost Place Character

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#1

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#2

Charakteristisch ist die große Förderbrücke zwischen den rechten und den linken Teil. Rechts war die Gemengezubereitung (Glasgrundstoff), die über diese Förderbrücke zu den Glaswannen in das linke Gebäude transportiert wurde. Der linke Teil ist der baulich ältere und wurde schon vor Jahren stillgelegt. Im rechten Teil lief noch eine Produktion bis vllt. Ende 2018.

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#3

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#4

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#8

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Zuletzt geändert von dl4mw am Mi 22. Jul 2020, 08:48, insgesamt 3-mal geändert.

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BeitragVerfasst: Do 16. Jul 2020, 17:45 
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Machen wir gleich weiter mit der initialen Führung. Das war ein Mix aus offensichtlich von der Rückbaubrigade noch benutzten Räumen und welche, die offensichtlich schon vor Jahren einfach zugeschlossen worden waren (Büro).

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#9

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#10
Lucy war ne Kaffeekanne. BTW man hatte hier eine Technologie entwickelt, Henkel anzukleben.


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#11
Das wichtigste Werkzeug immer bei der Hand :mrgreen:

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#18
Der Rechner lässt ungefähr erahnen, wann dieser Raum zum letzten Mal benutzt wurde. Man sollte das eigentlich noch 20 Jahre stehen lassen, das hat man ein erstklassiges Museum.

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#19

Bei Interesse gibts morgen mehr.
Ich kränkle gerade mit Pseudo-Corona herum (es ist Juli :beef: ) und finde so wieder mehr Zeit fürs Forum.

Ralf

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BeitragVerfasst: Do 16. Jul 2020, 18:21 
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die Bilder machen auf jeden Fall Lust auf mehr :2thumbs:

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Alles Liebe aus Aachen

Walter

Kritik ist erwünscht, auch negative (solange Sie konstruktiv ist) nur so kann man lernen! :2thumbs:
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BeitragVerfasst: Do 16. Jul 2020, 20:44 
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Gerne mehr davon. Besonders ab der #11 finde ich die Fotos sehr gelungen und spannend. Ich frage mich, wieso das da teilweise noch aussieht, als wären die Arbeitenden nur mal kurz verschwunden. Deshalb wirken die Fotos so spannend auf mich.

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Viele Grüße von der Leine
Klaus


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BeitragVerfasst: Fr 17. Jul 2020, 19:24 
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Jetzt kommen wir zum ersten alleinigen Begang des zuletzt stillgelegten Teils. Der letzte Eigentümer hat sich in vielen Belangen bemüht, erst kürzlich alles auszubauen, was zumindest Schrottwert hat. Mittendrin dann wieder Dinge, die aussehen, wie gerade noch verwendet. Manches erschreckend, dazu kommen wir dann bei den Bildern.

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#20

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#21

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#22


Am Rande der leeren Halle standen noch ein paar Spinde. Beim Blick hinein eröffnete ich das wohl symbolträchtigste Bild der Serie (nicht verändert, nicht arrangiert). Tatsächlich war das Ende dieses Unternehmens ein langsamer Tot auf Raten, mit obskuren Eigentümerwechseln und wohl Phasen der Insolvenzverschleppung. Wie sagt man, mir ist echt das Herz zersprungen.


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#23

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#24

Auf geht es in den Keller, ich liebe Armaturen:

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#25

Beim nächsten Bild merkt der Kundige gleich, irgendwas ist hier komisch.

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#26

Wenn man dann einen Meter weiter den Kopf hebt, sieht man das Ausmaß der Havarie.
Beim Stilllegen des Geschäftsbetriebs hat man alles stehen und liegen gelassen, der letzte hat das Licht aus gemacht und die Heizung abgedreht (die immer heißen Glaswannen waren ja jetzt auch kalt). Im Winter ist dann die Wasserleitung zerfroren. Dumm, dass davon auch die Zuleitung des benachbarten, sonst topp in Schuss befindlichen Verwaltungsgebäudes betroffen ist.

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#27

Ich habe keine Ahnung, was hier protokolliert wurde, vermutlich irgend ein Zählerstand.

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#31

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#32

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#33


Demnächst noch mehr.

Grüße in die Runde
Ralf

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BeitragVerfasst: Fr 17. Jul 2020, 20:14 
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Man fragt sich schon, wie fluchtartig der Komplex verlassen worden sein muss bei all den Relikten, die da noch rumliegen...

Sehr starke Motive, manches auch ganz schön bedrückend - gut, dass du die story dazu mitlieferst. Und dass du das alles gekonnt fotografiert hast!
Danke fürs Teilen - und wenn du mehr hast, schaue ich gern wieder rein!

_________________
Schöne Grüße
Christoph


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BeitragVerfasst: Fr 17. Jul 2020, 20:27 
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Registriert: Di 26. Jun 2012, 19:03
Beiträge: 13339
Wohnort: Laatzen
quartax hat geschrieben:
Man fragt sich schon, wie fluchtartig der Komplex verlassen worden sein muss bei all den Relikten, die da noch rumliegen...

Sehr starke Motive, manches auch ganz schön bedrückend - gut, dass du die story dazu mitlieferst. Und dass du das alles gekonnt fotografiert hast!
Danke fürs Teilen - und wenn du mehr hast, schaue ich gern wieder rein!

Dem kann ich mich nur anschließen. Eine ganz besondere lost places-story, wie ich finde!

_________________
Viele Grüße von der Leine
Klaus


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BeitragVerfasst: So 19. Jul 2020, 07:11 
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Beiträge: 221
Wohnort: Mannheim
Uiii klasse :)
gerne mehr davon :) knipse selber gerne Lost Places und bin gespannt wie deine Serie weiter geht.
Könntest du mir den Kontakt zukommen lassen?
Grüße Micha

_________________
FB: LichtAspekt Photograpie
IG: JohnnyMarlboro


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BeitragVerfasst: So 19. Jul 2020, 09:38 
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Beiträge: 2373
Wohnort: Hirschbach
Eine schöne und zugleich bedrückende Serie hast Du da hingelegt. Zugleich bezeichnend und wohl keine Ausnahme sondern leider eher oft traurige Realität für viele Firmen aus der DDR-Zeit.
Das dort jetzt endgültig Schluß ist, war mir noch gar nicht so bewußt. Nun ja, die Bilderserie ist schon ein echtes Stück Zeitgeschichte. Unabhängig von der Zeitgeschichte gefallen mir aber die Amarturenbilder besonders.

Freundliche Grüße aus dem südlichen Nachbarkreis
Jens-Uwe


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BeitragVerfasst: So 19. Jul 2020, 15:38 
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Beiträge: 648
Wohnort: Ilmenau
JohnnyMarlboro hat geschrieben:
Uiii klasse :)
Könntest du mir den Kontakt zukommen lassen?
Grüße Micha


Hallo Micha,

in Prinzip schon, aber, (gibt ja immer ein aber ') ) also, bei der letzten Tour eröffnete mir der Schlüsselverwalter, dass das jetzt eine Punktlandung war, weil das Gebäude/Gelände verkauft worden wäre. Ich weiß nicht an wem, (Berliner Kennzeichen... wollten sich nicht in der Presse lesen, liese sich aber trotzdem sicher heraus finden) aber die Genehmigungsgeschichte und Erklärerei ginge wieder von vorn los.

Und, ich denke nicht, dass du das von Mannheim aus gebacken bekommst. Und wahrscheinlich hättest du in der Nähe lohnendere Ziele, von der Aufwands- Ergebnis-Relation aus gesehen.

Ralf

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