Hallo zusammen,
das vergangene Wochenende haben Katrin und ich genutzt, um eine schon seit Jahren geplante
Exkursion umzusetzen. Das Ziel unserer Begierde befindet sich normalerweise unter Wasser und
taucht nur unter sehr speziellen Bedingungen aus den Fluten auf: Das
Edersee-Atlantis.
2018 war es nun – begünstigt durch einen heißen, trockenen Sommer – endlich mal wieder soweit.
Wir machten uns daher am vergangenen Samstag auf, zu einem Besuch des aktuell ziemlich ausgetrockneten
Edersee. Wie vermutet, waren wir mit dieser Idee nicht alleine und trafen vor Ort auf hunderte
von interessierten Besuchern und KFZ-Kennzeichen aus vielen Ecken Europas.
Im Umkreis von 30 km war daher so ziemlich jede mögliche Unterkunft bereits ausgebucht und wir fanden
mit Mühe und Not letztendlich noch einen Unterschlupf im etwas entfernten Korbach, einen kleinen, aber
durchaus sehenswerten Städtchen, mit schicker Fachwerk-Altstadt.
Gegen 17:00 Uhr angekommen, bezogen wir unsere Unterkunft; ein großes Fachwerkhaus, errichtet Mitte des 17. Jahrhunderts.
Wir bekamen ein Zimmer, das sich überraschender Weise komplett im Stil der 60er/70er Jahre präsentierte. Psychodelische Tapeten,
Flokati-Teppich, wild gestylete Lampen und Möbel aus der Woodstock-Ära, wohin man auch blickte.
Über dem Kopfteil des Bettes thronte ein großes Bild von Jimi Hendrix und lies diesen auf uns herabschauen.
Das Ganze fühlte sich irgendwie an, wie eine unerwartete, aber sehr geile Zeitreise.

#1
Im Anschluss machten wir uns sodann an die Erkundung Korbachs. Wie so oft nutzten wir unser Zweithobby „GeoCaching“
um uns von den verschiedenen Aufgabenstellungen durch die Stadt führen zu lassen.

#2

#3

#4

#5 - ?

#6

#7

#8
Am Morgen des folgendes Tages war es dann soweit und wir starteten vom Frühstückstisch aus direkt in unser
Edersee-Atlantis Abenteuer.
Hintergrund:Bedingt durch den von von 1908 - 1914 andauernden Bau einer riesigen Sperrmauer mussten die drei, bis dahin im Edertal liegenden Dörfer
Asel, Berich und Bringhausen verlegt werden. Bringhausen wurde abgetragen und in unmittelbarer Nähe - an einer höher gelegenen Stelle
oberhalb des anschließend entstehenden Edersees - wieder aufgebaut. Ähnlich war die Vorgehensweise der Aseler. Auf einem Bergrücken,
nördlich des ursprünglichen Ortes, errichteten sie ihr neues Asel.
Auch der Ort Berich wurde von seinen Bewohnern fast komplett abgetragen und etwas entfernt
- in der Nähe von Bad Arolsen - neu aufgebaut.
Auch die im bisherigen Edertal liegenden Gehöfte Stollmühle, Gut Vornhagen, sowie die Bericher Hütte
mussten dem Projekt weichen, da sie alle im Bereich des künftigen Stausees lagen.
Knapp 700 Menschen verloren damals Ihre angestammte Heimat und wurden umgesiedelt; einige davon vermutlich nicht wirklich freiwillig…
Historie:
Heute - über 100 Jahre später - tauchen bei niedrigem Wasserstand im Edersee die Reste der alten Siedlungen, das sogenannte "Edersee-Atlantis“
wieder auf und können weitestgehend trockenen Fußes besichtigt werden. Das alte, normalerweise am Grund des Edersees verlaufende Flussbett
der Eder kommt dann - hier und da - ebenfalls wieder zum Vorschein.
Der Angebotsumfang an Sehenswürdigkeiten hängt ausschließlich vom Wasserstand des Edersees ab.
Bei unserem Besuch verzeichnete er knapp 222 m. Ab 203 m Wasserhöhe ist "Atlantis" komplett freigelegt.
Für uns gab es zu sehen:
- Die „Dorfstelle Alt-Asel“, wo sich bei einem Wasserstand ab 235 m ü. NN die alte, 60 Meter lange, 4 bogige Ederbrücke aus den Fluten erhebt.
Vom Dorf selbst ist auf Grund einer damaligen Sprengung durch kaiserliche Pioniere, nichts mehr zu erkennen.
- Die Dorfstelle Berich, die ab einem Wasserstand von 232 m ü. NN besichtig werden kann. Zum Ort gehört, gelegen in kurzer Entfernung, auch
das Gräberfeld des Bericher Friedhofs, welches seine Geheimnisse dem geneigten Besucher ab einem Wasserstand von 231 m ü. NN preis gibt.
Vor Flutung des Edertals wurden hier alle vorhandenen Gräber mit einer dicken Zement/Beton-Schicht überzogen, um sie für die Zeit unter Wasser
zu konservieren. Die Toten aus den Gräbern der Friedhöfe anderer betroffener Ortschaften wurden zum Teil exhumiert und am neuen Dorfplatz wieder
zur Ruhe gebettet.
- Die Ruine der „Bericher Hütte“, die bei einem Wasserstand von 223 m ü. NN sichtbar wird. Ganz in der Nähe befindet sich auch ein 1:40 Modell der
Talsperre, das zu Testzwecken der Wasserablassvorrichtungen hier während des Baus installiert wurde. Leider lag das Model zur Zeit unseres Besuchs noch
gut einen Meter unter Wasser.
Bei anhaltend absinkenden Wasserstand tauchen weitere Sehenswürdigkeiten aus dem Wasser des Sees auf:
- Dorfstelle Alt- Bringhausen mit einer weiteren Ederbrücke
- Gut Vornhagen
- Die Stollmühle
Es ist schon ein spannendes Erlebnis, trockenen Fußes am Grund eines so gigantischen Stausees herum zu spazieren.
Der Seeboden ist offensichtlich ungemein fruchtbar, denn schnell musste der sandige Gund einem rasant um sich greifenden
grünen Bewuchs weichen.
Hier findet sich aber auch Müll aus den vergangenen 104 Jahren, z.B. in Form von verrotteten Werkzeugen und Bootsresten,
alten Schuhen, verlorenen Angelhaken/Ködern und Massen zerbrochener Bier- und Weinflaschen. Barfuß hier herum zu laufen,
wäre grob fahrlässig, Hundebesitzer sollten daher unbedingt Vorsorge für die Pfoten Ihrer felligen Freunde treffen.

#9 - kaum ist das Wasser gewichen, bahnt sich das Grünzeug seinen Weg

#10 - Das alte Bett der Eder

#11 - Die Aseler Brücke befindet sich bei vollem Wasserstand mehrere Meter unterhalb der Wasseroberfläche

#12

#13

#14

#15

#16

#17 - Die Bericher Hütte

#18

#19

#20

#21

#22 - Dorfstelle Berich

#23

#24

#25

#26

#27 - Überreste der ehem. Bericher Dorfstraße

#28

#29 - Gräberfeld Berich
Wir hatten viel Spaß im Edersee-Atlantis und kommen auch gerne mal bei vollem Wasserstand wieder.
Dann schaut es am Edersee so, wie auf er offiziellen Webseite aus:
LG vom Ralf