Fr 25. Nov 2016, 16:08
Womit ich angefangen habe?
Hmm, das war so eine Ritschratsch-Kamera, die ich zu meinem 10. Geburtstag erhielt. In der Folge ging ein Grossteil meines Taschengeldes für die Entwicklung der Filme drauf.
Mit meinem ersten Stiften-Lohn, den ich als landw. Lehrling erhielt, kaufte ich mir dann eine "richtige" Kamera. Ich weiss noch genau, wie ich da in Baden vor dem Schaufenster stand und die Pentax A3 bestaunte, hin- und herrechnete wie ich dieses Teil finanzieren solle und dann doch nicht widerstand.
Diese Kamera begleitete mich meine ganzen Sturm- und Drangjahre hindurch. An so manches (Heavy-)Konzert habe ich sie reingeschmuggelt; den Body in einer Orangensaft-Tetrapackung versteckt und das Objektiv mit Tüchern auf den Bauch gebunden. Ich habe sie immer noch. Funktionieren tut sie aber nicht mehr. Der Orangensaft war wohl zu sauer.
Dann schlief die Fotografiererei etwas ein. Erst mit dem digitalen Zeitalter (1998) flammte die Sucht wieder auf. Meine erste Digi-Knipse war eine
. Genau die, bei der man die Hälfte der Kamera mit dem Objektiv abnehmen konnte. Ideale Lösung für unbemerkte Streetfotos. Die Auflösung betrug grandiose 640x480 Pixel. Noch grandioser war die Bild-"Qualität". Sehr robust war das Teil jedoch nicht, was im wahrsten Sinne des Wortes bei mir das Killerkriterium ist.
Ihr Nachfolger wurde die
. Damit wurden die Bilder natürlich viiiiel besser.

Damals (2002) schossen die Bildchen-Diskutier-und-Schönred-Plattformen wie Pilze aus dem (Internet-)Boden. Auch ich meldete mich bei einer solchen Community an. Hmm, die da auf digicamtalk.de, deren Fotos am meisten gelobhimmelt wurden, hatten aber alle ganz andere Knipsen. Vorallem die Minolta Dimage 7 war hoch im Kurs. Das liess mich natürlich an meiner Knipse Zweifel aufkommen. Was Neues musste her! Ersten wollte ich aber nicht so viel ausgeben, wie eine Dimage 7 kostete, und zweitens wollte ich schon immer anders als alle andern. Da kam Fuji mit seiner
. Die hatte zwar nicht 5.2 MBPixel sondern nur deren drei, kostete aber nur die Hälfte und versprach sehr gute Bildqualität. Zudem sah sie schon fast aus, wie eine Spiegelreflexkamera.

Yeah, jetzt konnte ich endlich auch mitreden. Das tat ich auch fleissig. Irgendwann fand ich mich dann im Moderatorenteam von Digicamtalk.de wieder.
So sehr man solche Plattformen auch in Frage stellen kann, ich lernte jedenfalls da richtig Bilder zu betrachten. Durch den Versuch dem andern zu erklären warum einem sein/ihr Bild gefällt oder nicht gefällt, begriff ich so nach und nach Zusammenhänge von Bildsprache, Lichtführung und Zeitgeist auf die Bildwirkung.
Wir knipsten alles Mögliche und Unmögliche, reisten für Usertreffen durch halb Europa, setzten uns mit Monatsbildern Ziele, schlugen uns mit Animositäten und Forentrollen rum... Aber das kennt ihr ja alle.
Dann kamen die ersten mit einer DSLR, der Canon 10d. Poah, ey! Ohne Spiegel war man sofort abgeschrieben. Aber Canon wie alle andern? Nicht mit mir! Zum Glück brachte Pentax die Alternative mit der damals kleinsten DSLR, der istD. Da ich ja immer noch irgendwo im Kastenfuss meine Pentax A3 hatte, war das Ziel meines Begehrens sofort klar. Die Finanzierung erledigte sich von selbst. Ein FC-Member steckte mir, dass eine Hamburger Bank mein
für Flyerwerbung einsetzte. Ich bedankte mich, gab dem Anwalt was und mit dem Rest kaufte ich mir die *istD mit dem 16-45.
Das war das erste Mal, dass ich für ein Bild(-Klau) Geld erhielt.
2008 durfte ich dann meine erste Hochzeit fotografieren. Und da passierte es. Ich hatte Blut geleckt. Nirgendwo sonst fand ich so viel Emotionen, Theater, Zwischenmenschliches, echte und gespielte Gefühle auf einem Haufen. Und die Menschen wollten auch noch, dass ich das fotografiere. Noch besser, sie gaben mir Geld dafür. Ich kniete mich voll rein: Ich studierte die Bilder der Stars der Szene, besuchte Workshops in ganz Europa und tauschte mich mit Kollegen im Forum Hochzeitsfotografie aus, schlug mich mit Hochzeitalbenherstellern rum und kalkulierte den Druck von Hochzeitseinladungen. Ich bastelte meine
, versuchte mit SEO und all dem ganzen Gschmäus zurecht zu kommen. Ich bin immer noch froh, dass ich von Anfang an genau meine Kosten kalkuliert habe und so nie im Dumpingpreissektor agieren musste.
So langsam aber sicher kam der Zug ins Rollen. Brautpaare empfahlen mich weiter. Mein Auftragbuch füllte sich.
Nebenbei stellte sich auch der ideelle Erfolg mit der Aufnahme bei
und
ein. Sau stolz war ich, als ich mit einem Engagement-Shooting-Bild den 2. Rang im ISPWP-Contest erreichte.
Die Kehrseite der Medaille war die Arbeitsbelastung. Als Landwirt und Familienvater eh schon ausgelastet, frass dieses neue Standbein die ganze Freizeit und verkürzte die Nächte auf wenige Stunden. Als bei uns 2012 der Milchpreis ins Bodenlose stürzte und eine Stallrenovation anstand, entschloss ich mich die Landwirtschaft zu reduzieren und verkaufte die Milchkühe. Seither halte ich meine 6-köpfige Familie zur Hälfte mit Landwirtschaft und zur anderen Hälfte mit Fotografie über Wasser.
Aus den Hochzeitsreportagen ergeben sich immer wieder einige Folgeaufträge, wie Babyshootings, Familienbilder und Firmenportraits.
Die Höhepunkte meiner fotografischen "Karriere" waren wohl die Nomination zum
und die
Ich bin also kein gelernter Fotograf. Ich hatte einfach das Privileg (oder den Mut

) mein Hobby zum Beruf zu machen. Glücklicherweise sind mir auch nach 100 Ganztageshochzeitsreportagen die Macken der Schwiegermütter und die hyperaktiven Trauzeugen, die allwissenden Onkel Bobs und die fehlkalkulierten Zeitpläne, die schmerzenden Gelenke am Sonntag nach der 16-Stunden-Reportage und die Nächte am Bildschirm nicht verleidet. Ich geniesse es nach wie vor das zu tun, was ich will und wann ich will.
...und ab und zu möchte ich mich wie in alten Zeiten mit technikverliebten Foren-Nerds über Bildausschnitte und Rauschunterdrückung unterhalten. Und wie üblich schreibe ich viel zu viel. Gratulation, wer bis hier hin alles gelesen hat.