Mi 3. Mai 2017, 20:22
Es freut mich, daß ihr bis hierher durchgehalten habt und auch immer noch ein paar Anmerkungen schreibt.
Hexenstieg Tag 4 - 18. MärzEs ist nun genau Halbzeit. Von den Tagen her und auch streckenmäßig.
Bisher ging alles gut zu laufen, manchmal etwas anstrengend durch reichlich Restschnee. Aber es ging.
Für den 4. Tag steht heute die längste Etappe an. Die Routenplanung sagt ungefähr 30 km. Soviel bin ich bisher noch nie am Stück gelaufen. Weiß aber, es sollte kein Problem von der Länge her werden.
Ans Rucksackgewicht habe ich mich inzwischen gewöhnt, bei den kühlen Temperaturen kommt man wenigstens noch nicht so schnell ins schwitzen. Klar ist schon vor dem Start, daß es ein langer Tag bis nach Rübeland mit Ankunft im Dunkeln wird. Kein Problem, hab ja Licht mit.
Die Route führt vom Brocken über den Eckerlochstieg nach Schierke. Weiter nach Elend, den Ort und die Talsperre Königshütte, an der Bode entlang, und am Ende noch um eine Bergbauhalde herum nach Rübeland.
Samstag. Ich werde wach. Ein Blick zum Fenster bringt Gewißheit. Es ist das eingetreten, was der Wetterbericht angekündigt und ich befürchtet habe:
Schneesturm.
Über Nacht ist das Thermometer ein ganzes Stück unter Null Grad gefallen, es hat geschneit. Jetzt am Morgen ist es etwas wärmer geworden und zum Schnee mischt sich Regen.
War es gestern Abend schon zugig auf der Brockenkuppe, hat der Wind nun nochmal ordentlich aufgedreht. Draußen tobt der Sturm.
Am Abend konnte man noch zig Kilometer in die Ferne gucken. Heute früh verschwindet draußen alles in einer weißen Nebelsuppe. Die Fenster sind mit einer Schnee- und Eisschicht überzogen. Am Brockenturm rappelt der Wind. Gleich muß ich dort raus, ach du Sch...e! Aber erst mal in Ruhe frühstücken.
Das Frühstücksbuffet im Hotel öffnet nicht ganz so zeitig, wie ich es mir gewünscht hätte. Dafür bin ich der erste Gast und habe die freie Platzwahl im riesigen Speisesaal.
Außer mir erscheinen später noch ein paar andere Gäste. Während ich so am Frühstückstisch sitze, höre ich immer mal lautstarkes Scheppern draußen.
Anscheinend taut es und vom Sendemast fallen die Eisbrocken herunter. Ein Radlader ist eifrig dabei, die Schneewehen beiseite zu schieben.
Na toll, schöne Aussichten, wenn ich nachher losmarschieren muß.
Gut gesättigt mache ich mich auf den Weg nach oben ins Zimmer, wo ich meine Siebensachen packe und gleich die komplette Regenmontur anlege. Für so einen Tag hab ich das Zeug ja schließlich mitgeschleppt.
Bevor ich aufbreche, will ich noch am Geldautomaten im Nebengebäude ein wenig Bares nachtanken. Pustekuchen, ich stehe vor verschlossener Tür. Geöffnet wird erst in einer halben Stunde. So lange kann ich nicht warten. Dann versuche ich es eben unterwegs nochmal. Während ich mich über die geschlossene Tür am Brockenmuseum ärgere, krachen wieder Eisstücke aufs Dach. Nichts wie weg, bevor mir noch ein Eisklumpen auf den Kopf fällt.
Kaum trete ich aus dem Windschatten der Gebäude, weht es mich fast um. Eine Böe läßt mich ohne Vorankündigung einfach mal 4 Schritte seitwärts treten.
Ohne Wanderstöcke hätte ich jetzt bestimmt flachgelegen.

Der Erdboden ist teils glatteisüberzogen, teils mit matschigem Schnee bedeckt. Schnell noch ein paar Bilder geknipst und dann nichts wie weg!
Hotelzimmerfenster; der innere Teil läßt sich öffnen, der äußere nach draußen nicht, aus gutem Grund.

#153
Bereit zum Abmarsch.

#154
Wie Sie sehen, sehen Sie nichts.

#155
Eisig.

#156
Abschied im Sturm.

#157
Den Brockenwirt hat's zugeweht.

#158
An der Brockenstraße.

#159
Bereits am Brockenbahnhof, etwas unterhalb der Kuppe, ist der Wind längst nicht mehr so stark. Dafür regnet es sich mächtig ein.
Weiter unten an einer Spitzkehre der Brockenstraße sehe ich ein einsames Auto stehen. Kaum bin ich dort, springt jemand heraus und saust mit einer Kamera auf mich zu.
"Guten Tag, ich bin vom MDR und mache eine Fernsehreportage. Sagen sie doch bitte mal was zum Wetter auf dem Brocken" heißt sinngemäß. Völlig überrumpelt versuche ich, das oben beschriebene Wettergeschehen widerzugeben.
Am Ende habe ich es ins MDR-Nachmittagsprogramm geschafft. Dort lief ein kleiner Beitrag über den (nicht starten wollenden) Frühling, d.h. erneuten Wintereinbruch an diesem Wochenende. Spitze! Was man nicht alles erlebt auf so einer Tour.
Der Reporter war jedenfalls nicht der gleiche Kollege von der "Whisky-Runde". Sein Angebot, mich im Auto mitzunehmen, lehne ich dankenswerterweise, aber natürlich kategorisch ab. Bin ja zum Wandern in den Harz gekommen, nicht zum Autofahren.
Anscheinend ist der Brocken sehr beliebt bei der Wetterredaktion.
Und schon ist der Reporter wieder weg.

#160
Ich verlasse die Brockenstraße und biege auf den Eckerlochstieg, einen steinigen Weg hinab nach Schierke. Heute heimtückisch schneebedeckt.
Verschneiter Eckerlochstieg.

#161
Gleich kommt die Hexe.

#162
Mutige Ausflügler mit Schirm.

#163
Ab jetzt ist wieder Wanderautobahn bis Schierke, allerdings im Schnee und Regen. Unterwegs kommt die Brockenbahn vorbei und nebelt mich ein. Von Zeit zu Zeit kann ich die nassen Handschuhe auswringen. Erst in Schierke läßt der Regen nach.
Märchenwald an der alten Bobbahn in Schierke.

#164
Zurück in der Zivilisation, Schierker Ortsrand.

#165
Wetter.

#166
Im Hotel gabs heute kein Lunchpaket. Große Lust auf einen Gaststättenbesuch und auch die Zeit dazu habe ich nicht. Deswegen decke mich in Schierke beim Bäcker mit Kuchenvorräten ein. Es gibt leckeren Bienenstich und Schoko/Marmeladengebäck.
Triefend naß stehe ich an der Ladentheke und kaufe soviel, wie noch in den Rucksack paßt.
Der Süßkram ist immer mal gut für den notwendigen Motivationsschub unterwegs.
Noch ein letztes Schneebild der Tour, auf dem Weg zu den Schnarcherklippen.

#167
An der Schutzhütte bei den Felsen.

#168
Es geht auch hoch.

#169
Vorsicht und langsam machen, nicht ausrutschen. Es ist sehr glatt heute.

#170
Aussicht von den Schnarcherklippen Richtung Brocken.

#171
Aussichtspunkt zwischen den Schnarcherklippen und Barenberg.

#172
Barenberg.

#173
Es lebt. Winterschlaf beendet.

#174
Murmelbach.

#175
Elend. So heißt die Ortschaft.

#176
Eingerahmt.

#177
An der Kalten Bode.

#178
Alter Baum im Mooskleid.

#179
Die Knospen sprießen, Weide am Wegesrand.

#180
Vom Brocken geht es eigentlich nur noch bergab. Es sind keine großen Anstiege mehr zu bewältigen. Der Weg verläuft fast immer an der Bode entlang. Ein paar Abstecher gibt es mit den Schnarcherklippen oberhalb von Schierke und der Königsburg bei Königshütte. In Königshütte treffen sich Kalte und Warme Bode. Ab dort heißt der Fluß nur noch "Bode".
Früher sorgte der Gebirgsfluß häufig für Hochwasser. Mit zahlreichen Stauanlagen wird die Bode heutzutage in Zaum gehalten. Der Hexenstieg führt an einigen dieser Stauseen entlang.
Kein Weiterkommen an der Mandelholztalsperre.

#181
Wegloser Umweg durch den Wald wegen Hochwasser.
Hier war die Schokokuchen-Motivation dringend nötig.

#182
Talsperre Mandelholz.

#183
Über die Talsperre Mandelholz zu den rauhen Bergen zurückgeschaut.

#184
Brunnen in Königshütte.

#185
Königshütter Wasserfall.

#186
Stillgelegte Eisenbahn in Königshütte.

#187
Königshütte Ortsansicht.

#188
Ostern naht.

#189
Fast das einzige, was hier so blüht.

#190
Ruine Königsburg, 60 m über dem Bodezusammenfluß.

#191
Der Holzmichel, Figur neben der Pension "Am Felsen" in Königshütte.

#192
Kleiner Umweg zur Ruine Königsburg.

#193
Huflattich, kleiner Farbtupfer in der Vorfrühlingslandschaft.

#194
Talsperre Königshütte.

#195
Talsperre Königshütte 2 km später, an der Staumauer.

#196
Endlos schlängelt sich der Weg entlang der Bode dahin. Langsam wird es dunkel. Noch 1.5 Stunden bis zum Ziel.

#197
Vom Regen aufgeweichte Wege zur blauen Stunde.

#198
Es war noch genug Strecke übrig, als es dunkel wurde. Die Kamera blieb nun in der Tasche. Bis Rübeland bin ich weiter im Dämmerlicht gegangen. Zuletzt war es gerade noch so hell, daß ich den Weg erahnen konnte und doch nicht die Taschenlampe auspacken brauchte. In der heutigen Hotelunterkunft wurde eine Goldene Hochzeit gefeiert. Außer den Feiernden war ich der einzige Übernachtungsgast dort. Es gab wieder ein üppiges Abendessen, fast wäre ich geplatzt.
Glaubt mir, nach so einer Wanderwoche hat man leicht ein paar Kilo zugenommen.
Die Streckenlänge und auch das Wetter haben mich heute fast an meine Grenzen gebracht. Im Schneesturm gestartet ging es lange Zeit durch strömenden Regen. Im Tagesverlauf zeigte sich ab und zu die Sonne. Gegen Ende zog sich der Weg scheinbar endlos durch Wälder und an der Bode entlang. In Königshütte, etwa 8 km vorm eigentlichen Ziel, wäre der passendere Schlußpunkt gewesen.
Zusammenfassung Etappe 4: Brocken - Rübeland
Strecke: 30 km / Zeit: 9:45 h/ Höhenmeter: 500
PS. Geld abheben unterwegs bei der Sparkasse in Schierke habe ich wegen horrender Gebühren bleiben lassen. Bis zum nächsten Automaten sind es 15 km. Zu Fuß nicht machbar. Also immer genug Bares mithaben und wenn es geht, gleich mit Karte bezahlen.