Mi 9. Jan 2019, 19:09
Nach einer kurzen Erholungspause mit indisch gewürztem, pseudoitalienischem Nudelmatsch folgte ich wieder schnüffelnd der Partyfährte, wurde irgendwann von einem anschwellenden Menschenstrom mitgerissen, der sich dorthin bewegte, wo Taxifahrer normalerweise ihre Kunden absetzen, wenn sie zum Burj Khalifa wollen, und landete inmitten von Absperrgittern. Das Vorgehen der dortigen Ordnungskräfte war erstaunlich unkoordiniert, einige ließen sich bequatschen und öffneten die Absperrung für einzelne Personen, andere jedoch nicht, was die Stimmung der zurückgebliebenen ein wenig aufheizte.
Ich versuchte bettelnd mit den Sicherheitsleuten ins Gespräch zu kommen, was die sinngemäß immer gleiche Antwort zur Folge hatte: „Hier leider nicht, aber fragen sie mal den da hinten …“ Irgendwann wurde klar, was das eigentliche Problem war – zu viele Männer. Man wollte keine einzelnen Männer oder Männergruppen auf der Party haben, denn wie schon Genesis in dem Song „Land of Confusion“ feststellten – too many men, too many people making too many problems. Einer der Wachleute versprach mir, er würde mich durchlassen, wenn ich mit einer Frau wiederkäme, die dann als Schwester, Freundin oder Ehefrau akzeptiert würde. Also begann ich nun, wildfremde Frauen anzuquatschen, einige ganz normal aussehende, aber auch unfassbar dümmlich gestylte Tussis mit aufgespritzten Lippen, Silikonimplantaten, viel zu kurzen Röcken und halbmeterlangen Stilettos. Einige der begleitenden Männer sahen nicht viel besser aus. Und all diese Frauen wollten nur das Eine: Nicht mit mir auf die Party gehen! Erst die zickige Reaktion einer Deutschen brachte mich wieder zur Vernunft, denn unvermittelt wurde mir bewusst, wie erbärmlich ich mich aufführte und erkannte, wo mein Platz ist, nämlich ganz sicher nicht bei den feiernden Silikonsimpelchen, sondern bei den ausgebeuteten, entwürdigten und ausgesperrten Proletariern aller Länder. Vereinigt euch!
Und das war die beste Entscheidung dieses Abends, denn es stellte sich heraus, das dort draußen mehr Action war als drinnen. Irgendwer hatte nämlich bemerkt, dass die ineinandergehängten Absperrgitter sich auch auseinanderhängen ließen und somit den Weg freigaben. Unter heftigem Gejohle begann nun die Revolution! Die unterzähligen Wachleute hatten keine Chance gegen die mengenmäßig überlegenen Eindringlinge. Wie sollte man auch zehn, zwölf Personen einfangen, die in wilder Hast Richtung Partygelände stürmten?
Während man an einer Stelle versuchte, die Gitter wieder einzuhängen, wurden sie natürlich an anderer wieder auseinandergenommen. Ein amüsantes Katz-und-Maus-Spiel, das ich als Fotograf um nichts in der Welt hätte verpassen wollen.
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125. Roter Pfeil bedeutet: „Du kommt hier net rein!“

126. Nur Tussis dürfen überall rein.

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133. Der Typ hatte ein lustiges Megafon. Immer, wenn jemand die Absperrung durchbrach, drückte er auf den Knopf, sodass eine Polizeisirene losjaulte. Was aber auch nicht viel brachte.

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135. Frau? Darf durch!

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138. Hier leider nicht, aber fragen sie mal den da hinten …

139. Lauf!

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141. Er hat's leider nicht geschafft und wurde zurückgebracht.

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146. Auch Erwachsene mit kleinen Kindern wurden abgewiesen. Als wenn die das nicht selbst entscheiden könnten. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich die Lust auf die Party bereits total verloren, weil das Geschehen auf dieser Seite viel spannender war.

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148. Ein weiterer Deliquent wird zurückgeführt.

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150. Reparaturmaßnahmen

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152. Verstärkung trifft ein.

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154. Die Drinks aus dem Supermarkt dürften deutlich günstiger gewesen sein, als auf dem Partygelände.

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156. Und nun möchte ich Euch noch Samerkhan vorstellen. Der aus Indien stammende junge Mann links im Bild sprach mich plötzlich an, ob er wohl ein Foto mit mir zusammen machen könnte. Vielleicht hatte er meine Knipserei beobachtet und fand das interessant. Ich erklärte mich einverstanden, wenn er sich einverstanden erklärt, dass ich ihn und seine drei Brüder fotografieren darf. Er war einverstanden.
Von allen Menschen, die ich an diesem Abend traf, zog er mich am meisten in seinen Bann. Er hatte das Charisma eines Revolutionsführers, eines Filmstars, eines Ghandi. Sein freundliches, ehrliches Wesen war mir sofort sympathisch.

Abschließend möchte ich noch anmerken, dass die Geschehnisse rund um die Party meiner Einschätzung nach weitestgehend gewaltfrei verliefen, bis auf ein paar Schubsereien und Schreiereien durch die gestressten Ordnungskräfte, die natürlich ihre Mühe hatte, die Menge im Zaum zu halten.
Ich habe die Leute eher als still und freundlich erlebt, schüchterne junge Männer mit weichem Händedruck, die sich gegenüber der Polizei und den Sicherheitsleuten kleine Neckereien herausnahmen und versuchten, ein Stück vom bunten Kuchen abzubekommen, der ihnen vorenthalten wurde. Und die Ordnungskräfte reagierte darauf äußerst besonnen, ohne große Truppenbewegungen, ohne Tränengas und Gummiknüppel.
Wird fortgesetzt …
Zuletzt geändert von User_07647 am Fr 25. Jan 2019, 20:38, insgesamt 1-mal geändert.