Der morbide Charme des Vergänglichen

Vielen Dank, liebe Leute, ich finde das Thema Wabi Sabi auch total spannend, ist es doch eine ganz andere Welt und eine andere Art zu Denken und Dinge zu betrachten.

kaja hat geschrieben:Hallo Clemens, mir gefallen die Bilder auch sehr gut. Bin ja auch in dieser Richtung unterwegs. Das spannende dabei ist das oft Unscheinbare Motive groß rauskommen und die die man für den Favoriten gehalten hat, oft nicht den Erwartungen entsprechen.
Bin gespannt wie es weiter geht
Karsten

Deine Serie aus der Küche, ja, die finde ich auch Klasse und bei jedem deiner Bild kann man länger verweilen.
Vielen Dank für deinen Kommentar.

Heribert, Utz und Gerd vielen Dank fürs Schauen und Schreiben.

Hallo Uli, dein Bild ist klasse - passt aber nicht so gut hier herein. Deine Entscheidung, eigener Thread ist goldrichtig.

Hodu hat geschrieben:Hallo Clemens,
vielen Dank für deine ausführlichen Erklärungen.

Ich dachte das Unperfekte beschränkt sich nur auf die eigentlichen Motive.
Nach meinem Verständnis hätte ich das Bild so beschnitten, dass die beiden Linien - egal ob schräg oder gerade - abgeschnitten worden wären.

Aber Wabi Sabi ist tatsächlich ein ganz anderer, durchaus interessanter Ansatz. Daran muss man sich erst gewöhnen.
Du hast ja eben selbst gemerkt wie schwierig es ist, es anderen zu vermitteln.

Ich bin gespannt auf weitere Ergebnisse.
Es wäre schön, wenn du deine Gedanken abweichend zu den "gängigen Fotoregeln" beschreiben könntest.

Hallo Horst, alles richtig erkannt von dir,
das Unperfekte wird im Motiv dargestellt - aber eben nicht ausschließlich.
Das Blatt in der #9 sieht gar nicht so schlecht aus, die rote Farbe ist ganz nett und das Blatt ist noch nicht kaputt. Es ist nicht perfekt aber das Verwelkte tritt auch noch nicht richtig hervor.
Hier kann der Fotograf den "Fehler" in der Umgebung einbauen, dargestellt in der schräg verlaufenden Kante. In Bild #12 ist es die Unebenheit des Steinbodens die darauf hinweist.
In Bild #11 greift bei dem dargestellten Blatt der (braune) Tod nach dem (grünen) Leben, hier bedarf es keiner anderen Darstellung nicht Nicht-Perfekten. Die sich aufrollende braune Spitze zeigt dabei eine (für mich) ästhetisch schöne Formgebung.

Ziel ist immer, die Wirklichkeit so zu zeigen wie sie ist - unvollkommen, vergänglich, fehlerhaft. Die Welt ist nicht immer nur blühend schön und das Leben durchläuft verschiedene Stadien des Dasein.
Ich wollte eine Geschichte erzählen ...

Der junge Sen no Rikyu lebte im 16. Jahrhundert und wollte die Kunst der Teezeremonie erlernen. Er suchte einen bekannten Tee-Meister auf und bat um Aufnahme in dessen Schule.
Bevor der Meister seine Entscheidung traf, trug er Sen no Rikyu auf, den Garten der Schule zu säubern. Viele herunter gefallene Blätter des Kirschbaums lagen auf dem Boden und es sah unordentlich aus.
Sen no Rikyu fegte den Garten, beseitigte alle Blätter, bearbeitete den Boden des Gartens mit einem Rechen bis alle Furchen gerade und gleichmäßig waren und der Garten überaus gepflegt aussah.
Der junge Mann betrachtete sein Werk, aber etwas gefiel ihm nicht - und so ging er zum Kirschbaum, schüttelte diesen bis einige wenige Blätter auf die frisch geharkte Fläche fielen, erst dann war es für Sen no Rikyu perfekt.
Der alte Meister war begeistert von der Arbeit und nahm den jungen Mann als Schüler in die Schule auf.

Sen no Rykiu wurde selber ein großer Tee-Meister und ZEN Mönch, er hat das Wort Wabi Sabi kreiert.


NMZ

Weiter geht es mit Bildern meiner Wabi Sabi Interpretationen


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Hodu hat geschrieben:Mir ist gerade aufgefallen, dass deine Bilder alle quadratisch sind. Ist das Zufall oder gehört das zu Wabi-Sabi?

Hallo Horst, die Bilder habe ich quadratisch entwickelt, weil die Motive doch eher klein sind und weder Hoch- noch Breitformat so richtig gepasst haben.
Es hat nichts mit Wabi Sabi zu tun.

Nochimmerhier hat geschrieben:@Clemens , die Geschichte hilft und die zuletzt gezeigten Aufnahmen gefallen mir. Ich bin mir aber noch unschlüssig ob es DAS WabiSabi ist oder eines der Definitionen

Freut mich, wenn die Geschichte hilft und die Bilder sind meine Interpretation des Vergänglichen und Bescheidenen - ich hätte auch eine edle Rose zum Höhepunkt ihrer Blüte in voller Schönheit fotografieren können. Das aber meint Wabi Sabi nicht.

Nochimmerhier hat geschrieben:Im Grunde bin ich ein wenig ... sagen wir mal verwundert, denn gerade Japan ist für mich der Inbegriff von Ordnung. Alles ist geregelt, akurat und diszipliniert.
Wie paßt dann WabiSabi?

Gute Frage! Es gibt aber keinen Widerspruch darin.
Ich selber war noch nie in Japan, habe mich aber seit der Jugend immer wieder mit Philosophie auseinander gesetzt, von Plato bis zu den fernöstlichen Denkern.
Von Japan kenne ich es aus Büchern und Erzählungen folgendermaßen: Es gibt eine ausgeprägte Ordnung und Kultur (also so, wie du es beschrieben hast)

Um noch einmal auf die Geschichte einzugehen, vielleicht wird es dann klarer:

Sen no Rikyu bringt den Garten, indem auch ein Kirschbaum steht, in Ordnung. Er beseitigt die gefallenen Blätter und zieht mit dem Rechen im Kies akurate Furchen (wie im Bild oben).
- Ergebnis: Der Garten ist perfekt in Ordnung (für eine kurze Zeit)
- In dem Wissen, dass wieder Blätter vom Baum fallen werden und die hergestellte Ordnung im Garten sich unweigerlich wandeln wird ...
- schüttelt Sen no Rikyu den Baum um vorab einige Blätter fallen zu lassen (er weiß, dass die hergestellte, perfekte Ordnung keinen Bestand haben kann) ...
- und um selber den Wandlungsprozess in Gang zu bringen, der sowieso eintreten wird
- er akzeptiert damit diesen natürlichen Prozess und für ihn und den alten Tee-Meister ist das Ergebnis - Ordnung im Garten mit einigen zufällig gefallenen Blättern auf dem Boden - gut, und tut der Schönheit des Gartens keinerlei Abbruch.

Wenn wieder viele Blätter auf dem Boden liegen, muss der Garten ein weiteres Mal aufgeräumt werden und der Prozess beginnt von neuem.

Die Verbindung zu meinen Bildern: Die Pflanze ist nicht nur schön wenn sie voll aufgeblüht und kurz vor dem Höhepunkt der Blüte ist, sondern auch in der Zeit danach wenn der Prozess des Vergehens der Pflanze/Blüte sich entwickelt/fortsetzt. Die Schönheit ist eine andere als bei voller Blüte.

Hmm, konnte ich das ein wenig erklären ...?

Hallo Ernst, Dankeschön - freut mich wenn dir die Fortsetzung gefällt.

Nochimmerhier hat geschrieben:@Clemens , können Erklärungen helfen wenn die westliche Ansicht von WabiSabi eine andere ist als die östliche (asiatische, das sich WabiSabi ja nicht nur auf Japan bezieht )
Nur wenn man/Frau sich auf die jeweilige Ansicht einstellt.
Da wird es für mich schwierig mich mit der östlichen Interpretation anzufreunden wo ich doch durch die westliche (moderne) Kultur(erziehung) geprägt bin. Hier gilt ein Rasen nur als schön/gepflegt wenn er mit der Nagelschere geschnitten ist und danach nicht wieder Laub drauf geschüttelt wird

okay , das ist jetzt vllt übertrieben, aber die Beschreibung von WabiSabi, wie es aktuell gern gesehen/beschrieben wird, ist doch recht gegensätzlich zum Ursprung. Da hilft die von Dir geteilte Geschichte schon, wobei auch in dieser der Mensch eingreift und selbst die Blätter runterschüttelt (aber nicht selbst plaziert ! )
Ist Lost Place Fotografie dann auch WabiSabi ? Ist ja auch morbider Charme. Wo fängt WS an ? bzw wo hört WS auf ...

Fragen über Fragen

von den zuletzt eingestellten Bildern find ich die #16 und #19 sehr ansprechend und für mich gut zum Thema passend

Lost Place? Die Antwort brauchte etwas Zeit, ich habe nachgefragt bei meinen Dozenten.
Die Antwort ist Ja, wobei andere Fotografen das evtl. auch anders sehen könnten.
Bei Lost Place wären dann nicht die Ansicht von Gebäuden Wabi Sabi zuzuordnen, aber deren Details schon. Verwitterte Wände an denen Efeu rankt, Patina an Türen und Wänden, eben alles wo ein natürlicher Verfall stattgefunden hat. Und die Bilder in dunkel gehalten.

Ich habe den Thread in die Offene Galerie gezogen, auch aus Gründen deiner Frage.
Weitere Bilder werden folgen, das braucht einige Tage und nicht nur Pflanzen müssen als Motiv herhalten.

	Weiter geht es mit der Darstellung des Vergänglichen und auch Rost ist ein Hinweis darauf. *** Der Link ist nur für Mitglieder sichtbar. Bitte registriere Dich, oder logge dich ein. *** #21 *** Der Link ist nur für Mitglieder sichtbar. Bitte registriere Dich, oder logge dich ein. *** #22 *** Der Link ist nur für Mitglieder sichtbar. Bitte registriere Dich, oder logge dich ein. *** #23 *** Der Link ist nur für Mitglieder sichtbar. Bitte registriere Dich, oder logge dich ein. *** #24 *** Der Link ist nur für Mitglieder sichtbar. Bitte registriere Dich, oder logge dich ein. *** #25 *** Der Link ist nur für Mitglieder sichtbar. Bitte registriere Dich, oder logge dich ein. *** #26 *** Der Link ist nur für Mitglieder sichtbar. Bitte registriere Dich, oder logge dich ein. *** #27