Mi 10. Feb 2021, 22:06
Hallo Methusalem,
ich bin gerade auf Deinen Thread gestoßen (aber habe noch gar nicht alle Beiträge gelesen) und finde Deinen Gedankenansatz sehr interessant. Und ich habe mich dann gefragt, ob es nicht besser wäre, Du würdest Dir einen Aquarellkasten kaufen, und anfangen zu malen. Das hat ja, im Gegensatz zur Photographie, den Vorteil, dass Du mit wenig Aufwand alles weglassen kannst, was das Bild stört. Ich frage mich selbst immer mal ernsthaft, warum ich photographiere, und nicht male.
Ich bin ein leidenschaftlicher Landschaftsphotograph, habe mich viel mit Malerei beschäftigt, und versucht herauszufinden, was zum Beispiel die Bilder von Caspar David Friedrich so interessant und prägnant macht. Und ob man ähnliches mit der Photographie leisten kann, aber ohne wahnsinnige Tricks. Aus meiner langen Analog-Laborerfahrung weiß ich allerdings auch, dass die Photos zwar mit der Kamera entstehen, die Bilder aber oft erst im Labor. Abwedeln - Nachbelichten - Zonensystem... Nur konnte man damals nicht einfach auf die "Style-Taste" drücken (was ich Dir hiermit auch nicht vorwerfe!), und es war ein interessanter und lehrreicher Prozess, wie man sich Abzug für Abzug langsam das DAS BILD herangearbeitet hat.
Manchmal wünsche ich mir das wieder, denn wir gehen ja unter in einer Flut der Bilder. Vielleicht bin ich da ein bißchen „old style“.
In meinem Studium hatte ich einige Semester „Zeichnen und Malen“, „Perspektive“, „Darstellungsmethodik“, alles entstand per Hand. Heute kann ich 3D-Modelle von Gebäuden eingeben, am Ende wähle ich „Rendern“ und kann mir aussuchen, ob ich das lieber a la Rembrandt oder a la Warhol ausgegeben haben möchte. So ungefähr. Nur: ist es das?
Und da fällt mir auch die die provokative Frage eines Vortragsredners ein, eines Philosophen, der am Ende seines Vortrags fragte: „darf man alles, was man kann?“ und frage jetzt, ein bißchen entschärft: „muß (oder soll) man alles, was man könnte?“.
Es geht ja nicht um ein Gesetz, sondern eher um eine Haltung. Das kann ja auch hinführen zu einer Art von Photographie, die nicht die Wirkung eines anderen Mediums kopieren muss.
Bin schon gespannt auf eine angeregte Diskussion.
Finde übrigens, nachdem ich nochmal genauer in den Thread hineingeschaut habe, die Beiträge von ulrichschiegg sehr wertvoll.
Gruß
Ralph
Zuletzt geändert von boe64 am Mi 10. Feb 2021, 23:37, insgesamt 1-mal geändert.