So 13. Okt 2019, 19:00
tiptax hat geschrieben:räuspere ...
was ist schlimm an ISO 800? Und wenn ich möglichst viel Schärfe im Bild will braucht's ne hohe Blende.
Schlimm sind nur die Leute in manchen Fotografie-Foren (nicht diesem hier), die einen bei jeder derartigen Bemerkung, also kleinere Blende (= größere Blendenzahl) nehmen oder gar die ISO hochstellen, geschweige denn, mit einer Kamera vor die Szene treten, die vor mehr als einem Jahr neu vom Spitzenhersteller vorgestellt wurde, mit einem Shitstorm überschütten. Das tun die Nachbarskatzen vor meinen Tiefparterre-Fenstern, also in Augenhöhe geradeaus, schon zur Genüge.
Du meinst übrigens Tiefenschärfe, nicht allgemein Schärfe. Tiefenschärfe ist, wenn nicht dauernd vornean oder knapp dahinter was völlig Unscharfes auf's Bild kommt.
Was hab ich denn jetzt schon wieder angestellt ???

Nix

. Und glaube keinem, der sagt, ISO = böse, oder über Beugung redet.
Erklärung: ein Markenforum wie dieses hier hat bestimmt einen hohen Anteil von Profis, die selber Prügel kriegen, wenn sie einem Auftraggeber oder einem Chef Fotos abliefern, die es an maximaler Schärfe fehlen lassen, und ihm gar sagen, das sieht eh kein Mensch (mein Standard-Argument, dass ein recht guter Computer-Bildschirm einskommadrei Megapixel hat, nicht 16 und nicht 100).
Also tun wir (ich reihe mich in die Leute ein, die aus Freude Amateurfotografie betreiben) gut daran, die Ohren zu spitzen, wenn Bemerkungen über die höchsten technischen Leistungen des Foto-Equipments und die Voraussetzungen dafür kommen. Und dann machen wir, wenn auch schlauer geworden, weiter unser Ding.
Technisch hab' ich's an anderer Stelle schon erwähnt, glaube ich. Mein zuletzt gekauftes Objektiv hat z.B. laut Foren und eigenem Ausprobieren einen "sweet spot" bei Blende 9,5. Die Bildschärfe ist wirklich für meine Verhältnisse unglaublich, mehrfache Ausschnittvergrößerungen sehen imme noch gut aus. Nicht bei 8 und nicht bei 11, obwohl man das bei unter ein mal anderthalb Meter Vergrößerung natürlich nicht sieht. Bei Blende 22 oder 32 werden Objektive richtig unscharf über die ganze Fläche, wobei das auch von dem absoluten (in Millimetern) Durchmesser der Pupille, ziemlich gleich der Blende, abhängig ist. Deswegen haben Kleinbildkameras als kleinste Blende 16 oder 22, 6x9 Kameras, die mit den riesigen Objektivdurchmessern, bereits 32 oder 45. Der Grund nennt sich Beugungsunschärfe.
Beugungsunschärfe ist, wenn der Durchmesser für das Licht zu klein ist. Den Lichtstrahlen fällt dann ein, dass sie nicht nur Teilchen sind (wie beim Maschinengewehr, wo die Kugeln am liebsten immer geradeaus fliegen sollen), sondern Wellen. Dann passiert genau das, was man sich bei Wellen denkt: die schwanken von links nach rechts und umgekehrt wie Besoffene, und wenn sie am Blendenrand anhaken, verlieren sie die Richtung und das ist fatal. Wenn die Lichtstrahlen sonstwohin fliegen, nur nicht geradeaus, kann man die Schärfe vergessen.
Die Blende ist da nur ein Maß, wenn man sich auf ein bestimmtes Objektiv entsprechend der Brennweite einigt. Ein Objektiv der typischen Kleinbildkamera von 48 Millimeter Brennweite hat bei Blende 8 einen Durchmesser für das Licht von sechs Millimetern. Blende 8 bei einem 6x9 Objektiv von 105 Millimeter ist 13 Millimeter. Die "Beugungsunschärfe" hängt aber von den Millimetern ab (je kleiner, desto schlecht, und bei ca. 2mm hört's halt auf mit dem scharfen Bild), nicht von der Blendenzahl. Die gibt nur ein Verhältnis an.
Zum anderen Punkt, die Hundertjährigen hier im Bett nebenan im Altersheim (nicht wirklich, aber bald...) kennen das noch, dass Kleinbildfilme mit 27 DIN, 400 ASA (= ISO), zwar Aufnahmen bei Kerzenlicht erlaubten (Blitz war in unserer aktiven Zeit, abgesehen von pyrotechnischen Shows, noch nicht erfunden), aber man nix drauf sehen konnte ausser einer Ansammlung Punkte: Filmkorn. Dann haben wir uns alle gefreut, dass die Digitaltechnik herauskam, bei der die Lichtempfindlichkeit nicht davon abhing, dass millimetergroße Körnchen von Silberverbindungen vom Licht getroffen wurden, und was sahen wir bei ähnlichen Lichtverhältnissen: eine Ansammlung Punkte. Egal ob Silberhalogenidtechnik oder elektronische Verstärkung von Sensoren, je dunkel, desto Mist. Früher war's die Silberchemie, heute sind's die Elektronen, die lustig in den Drähten tanzen und die eigentlich vom Sensor aufgezeichneten Bilddaten lustig um ihre Kapriolen ergänzen, wenn man das, was der Sensor nun mal mangels Licht nicht mehr liefern kann, bis zum gehtnichtmehr elektronisch verstärkt. (Beim Radio hörst Du auch nur noch hauptsächlich Rauschen, wenn Du einen schwachen Sender extrem mit dem Lautstärkeregler verstärkst. Bei allen von mir lustig gemeinten Analogien, das ist jetzt mal technisch der genau gleiche Effekt).
Aber nicht (mehr) bei ein paar hundert oder wenigen tausend ISO, jedenfalls nicht in den uns beide interessierenden Schärfeverhältnissen. Wer als Profi-Fotograf mangels professioneller Ahnung einem Auftraggeber für eine 4x6 mtr. Werbeplakatwand was abliefert, wo er die ISO auf ein paar tausend hochgezogen hat, ist finanziell bald gearsxxt. Wir können das fröhlich so praktizieren, auf einem Computerbildschirm sieht man das nie.
Zuletzt geändert von User_10170 am So 13. Okt 2019, 20:11, insgesamt 4-mal geändert.