Meiner Meinung nach ist das zweite Bild das bessere und das begründe ich wie folgt:
Bild1:
- lässt sich schonmal nicht klar zuordnen, ob es eher Landschaft- oder Reisefotografie oder gar ein Schnappschuss ist.
- verwendet zwar sehr viele Grundelemente, aber es ist immer eine Linie, lediglich die beiden Schirme könnte man dem Bogen zuordnen. Das Bild wird aber vom Element Linie dominiert. Diese sind zwar untereinander verbunden (einmal Pfahlbauten und diese Reihe im Vordergrund), aber die Tiefenwirkung entsteht nur zwischen Vorder- und Mittelgrund.
- durch das massive Gebäude links und den beiden Personen rechts pendelt der Blick ständig hin und her
- die Tonwerte liegen mir zu stark im Bereich grau bis mittelgrau und durch den hohen Anteil an Schattenwerten dürfte das Histogramm ziemlich linkssteil sein, da fehlen mir einfach ein paar Lichter
- in den Pfählen fehlen mir ein bisschen Details und Zeichnung, da der Rest vom Bild ja eine eher hohe Schärfeanmutung hat.
- im Bild selbst fehlt die Botschaft. Geht es um die Leute? Was machen die Leute da? Quatschen die im Regen (oder wozu sind die Schirme da? Am Himmel erkennt man es leider nicht). Warum gehen die nicht ins Cafe? Man kann sich viele Fragen stellen, aber das Bild gibt leider keine Andeutung.
Bild2:
- eindeutig eine Landschaftsaufnahme, sogar im eher ungewöhnlichen Hochformat
- wenige Grundelemente (Linie und Bogen), dafür sehr ausgeprägt und klar gruppiert: Bögen bilden die Reifenspur, die Linie grenzt den Hintergrund von Vorder- und Mittelgrund ab
- Die Blickführung ist deutlich erkennbar, sogar der Anfang ist klar definiert (unten mittig). Weiter folgt man den Reifenspuren und wechselt an der "Trennlinie" in den Himmel nach rechts oben und verlässt das Bild.
- Eine enorme Raumtiefe wird in dem Bild zum einen über die Grundelemente die senkrecht aufeinander treffen erreicht, zum anderen über die Staffelung von Tonwerten: im Vordergrund rechts und links die dunklen Bereiche (die dürfen auf keinen Fall weggeschnitten werden), der helle Sandbereich im Mittelgrund gefolgt von der dunklen Linie und im Himmel wiederholt sich das Spiel zwischen hellen und dunklen Bereichen und endet sogar mit ähnliche Tonwerten wie zu Beginn. Was will man da mehr? Meiner Meinung nach ein ausgeglichenes Spiel zwischen hell und dunkel mit spannungsgeladenen Kontrasten
- die Struktur in dem Bild ist viel besser als in #1: Detailreicher Vorder- und Mittelgrund mit angenehmer Feinschärfe in der Reifenspur erlebt an der dunklen Linie einen abrupten (und dadurch spannenden) Wechsel in eine mittlere Körnigkeit.
- ich würde in dem Bild eine Art Sehnsucht oder Suche (Reifenspuren) nach einem Ereignis im aktuellen Lebensabschnitt (Linie) deuten, dessen Erreichen aber durchaus ungewiss sein kann (dramatischer Himmel)
Der eine oder andere sieht das vielleicht nicht so, aber Kommentare à la "schön", "großes Kino" und "gefällt mir" will ich zukünftig vermeiden ...bei wem soll ich das sonst üben, wenn nicht bei dir
Grüße, Martin