Hi Alois,
>Die Diskussion hier finde ich toll, es geht um die Art der Fotografie. Das ist es, was unser Hobby ja ausmacht! Danke dafür!<
Ich sage auch DANKE ! Sowas finde ich toll (das war ursprünglich DER Grund in diesem Forum zu sein). Es weitet den Blick, lässt einen eigene Auffassungen überdenken und gibt Anregungen. ... und das mit Menschen, die grundsätzlich das Gleiche wollen, nur eben jeder für sich etwas anders.
>Norbert, du sagst, die Fotos sollen "wahr" sein.<
Das Model wollte "wahre" Fotos, das ist ein feiner Unterschied. Ich nenne das ja "ehrliche" Bilder.
>Sind Fotos in sich wahr? <
Nicht immer, aber wenn Fotograf und Model das wollen, können sie es sein.
>Fotos zur blauen Stunde zeigen uns eine Wahrheit, die wir mit unseren Augen in dem Moment nicht sehen. Nordlichter sind auf Fotos immer wunderschön grün leuchtend, auch wenn wir das im Moment der Aufnahme so nicht wahrgenommen haben. Sind diese Fotos wahr?<
Ich finde "JA" das sind sie. Im Prinzip bilden sie das ab, was da war, egal ob unsere Augen das so gesehen haben. Im Prinzip fügen sie technische "Fehler" der Kamera hinzu und wir haben die Freiheit, die Fehler drin zu lassen.
>Mit einem Foto bilde ich eine dreidimensionale Scene zweidimensional ab. Damit hole ich alle visuellen Eindrücke auf eine Ebene und mache diese insgesamt wahrnehmbar. Die Kunst ist es, das Foto so zu gestalten, dass der Blick des Betrachters am Motiv hängen bleibt und nicht suchend übers Bild gleitet.<
.... oder gerade das zu fördern?

Ich denke gerade an Wimmelbilder mit ihren vielen Details, die es zu entdecken gibt.
>Das menschliche Sehen ist immer subjektiv, der "Weissabgleich" wird automatisch durchgeführt, Kontraste werden automatisch aufgehellt, unser Blick konzentriert sich automatsich auf das wichtigste.<
100% gleicher Meinung.
>Eine fotografische Aufnahme macht das Gegenteil: sie bildet erst einmal so ab, wie es sich ohne unseren subjektiven Blick darstellt.<
... und schon ist es wieder vorbei mit der Einigkeit.

Im besten Fall bildet für mich ein Foto das ab, was ich (ganz subjektiv) abgebildet haben will. Hmmm ... wie erkläre ich das ohne in philosophisches Blabla zu geraten? Wenn ich ein Event fotografiere (oder z.B. Streetfotografen), dann ist mein subjektiver Blick störend, die Menschen wollen in der Zeitung sehen, was war und nicht wie ich es wargenommen habe. Will ich subjektiv etwas zum Ausdruck bringen, kreiere ich eine Situation und halte sie dann fotografisch fest, da gehört dann alles dazu Lichtsetzung, Motiv, Ausschnitt und und und. Vielleicht versuche ich es mal mit Fotobeispielen (die hatte ich in älteren Threats):
"objektives Foto":

"subjektiver Blick auf einen objektiven Sachverhalt":

"subjektiver Blick auf eine subjektiv kreierte Situation":

Ich hoffe das macht meine Einstellung klarer. Bei dem Demofoto gab es nur die Belichtungsregler, also "wahr". Bei dem Ausstellungbild gibt es auch nur die Belichtungsregler, es zeigt aber nicht die Ausstellung sondern die Reaktion darauf, auch "wahr" aber ein subjektives Motiv. Bei der schwarzen Witwe ist nichts "wahr", Motiv, Situation, Lichtsetzung, Ausschnitt, Blickwinkel, alles subjektiv. Da wurden in Capture One auch mehr Regler bewegt, allerdings ohne etwas hinzu zu fügen oder weg zu retouchieren, als nicht wahr aber ehrlich.
>Von deinen Portraits schaut mich die 4 immer sehr intensiv an, die Augen, der offene Blick nehmen mich ein. Das eigentliche Motiv in diesem Foto sind für mich die Augen, der Blick. Die sehr klare Darstellung der Haut mit all seinen Schattierungen lenkt da ein wenig vom Motiv ab, mein Blick wandert immer wieder über das gesamt Gesicht und verliert die Augen schon mal aus dem Blick. Insofern bin ich, wie schon mal dargestellt, bei vielen der Mitdiskutanten: ein wenig weniger "Struktur" oder "Klarheit" würden dem Portrait gut tun und nichts verfälschen, ganz im Gegenteil!<
Hmmmm ... deine Vorstellungen sind angekommen. Ich frage mal das Model, ob sie das gerne hätte.
>Ich bin ganz bei dir wenn du sagst, du möchtest die Bildaussage nicht künstlich verfälschen und PS nicht nutzt. Geht mir genau so, subjektive Anpassungen zur Optimierung der Bildaussage sind für mich aber Bestandteil der Ausarbeitung eines Fotos.<
Jepp.

Vor Zeiten hatten wir es mal zum Thema "aktuelle Lightroom-Version oder die Arbeitsplatzversion 6". Wenn du jetzt siehst, wie ich in der Bearbeitung an ein Bild herangehe, dann siehst du auch, dass LR6 ALLES macht, was ich brauche. Ich bin passiver Zuschauer in einem anderen (markenunabhängigen) Forum. Da gibt es Leute die bei JEDEM Bild die Klarheit- und Schärferegler hoch knallen (meist Fotos von Städten Venedig, Berlin), den Himmel austauschen. Die Fotos schaue ich mir garnicht an. Es gibt Leute die überlagern Portraits mit einem 2. Foto (PS) sieht künstlerisch und interessant aus, schaue ich mir an, begreife ich aber nicht als Foto sondern als Kunstwerk, also nicht mein "Hobby".
Einen schönen Tag wünsche ich dir!
LG
Norbert