Di 11. Aug 2020, 08:56
Oh, ein passender Thread für mich
Ich hab's ja tatsächlich neulich getan - das Sommer-Cashback von Sony hat mich dazu verführt, mir eine A7R IV zuzulegen.
Es bestand schon vorher eine latente Unzufriedenheit in bestimmten Bereichen was meine K1 angeht - recht hohes Gewicht, insbesondere inklusive der hochwertigen, lichtstarken Objektive, und natürlich der hier in diesem Thread diskutierte Autofokus. Im Studio / bei der Portraitfotografie war mein Arbeitsprinzip auch immer das hier beschriebene - Center-Fokuspunkt zum anvisieren, dann verschwenken und abdrücken. Das geht aber nur bei üblichen Portraitbrennweiten so. Im Weitwinkelbereich kriegt man dann doch schnell eine Fokusverschiebung rein, weil nach dem Verschwenken sich dann eben doch die Fokusebene ändert. Und es funktioniert natürlich nur bei Modellen, die auch einigermaßen stillhalten. Bei meiner kleinen Tochter also (meistens) nicht.
Und in einem weiteren meiner Hauptfotografiegebiete, nämlich Bühnen- bzw. Tanzfotografie ebenfalls nicht. Gerade bei der Bühnenfotografie ist das schon doof - denn die machen das auf der Bühne ja nicht speziell für mich, sodass ein "da war ich zu langsam" oder "die Kamera hat nicht richtig fokussiert" leider nicht funktioniert - was ich verpasst habe, habe ich verpasst. Mit einigen Jahren an Übung, die ich da mittlerweile gesammelt habe, war natürlich trotzdem mehr als ein gutes Bild dabei. Aber eben auch viele "Ausschussbilder", um die es wirklich schade war. Der Schritt von der K3, die ich vorher verwendet habe (und danach dann noch als Zweitbody) zur K1 hat für mein Betätigungsfeld auf jeden Fall auch auflösungsmäßig einen großen Unterschied gemacht - im Bühnenbereich fasse ich den Ausschnitt sicherheitshalber immer eher weit, um auch ja nichts zu verpassen, und da ist es ein Segen, wenn entsprechende Crop-Reserven vorhanden sind. Ich bilde mir auch ein, dass im Bühnenbereich das Rauschverhalten der K1 noch etwas besser zu kontrollieren war als das meiner K3.
Ich hatte für meinen Teil ja immer gehofft, dass auch Pentax (noch mal) auf den DSLM-Zug aufspringen würde. Ich wollte gern einen leichteren, kompakteren Body mit EVF-Features wie Focus Peaking im Sucher oder einer sich automatisch zuschaltenden Fokuslupe beim Fokussieren. Bis ich mich begonnen habe für die A7R IV zu interessieren, haben mir solche Features wie Eye-Autofokus oder Gesichtstracking noch gar nichts gesagt, hatte die K1 ja nicht, habe ich mich also nie näher mit beschäftigt

. Ich wäre sehr froh gewesen, meine bisherigen, hochwertigen Pentax-Objektive an so einem Body weiterzunutzen und wäre natürlich auch nicht abgeneigt gewesen, dann nach und nach erscheinende, neu konstruierte, kompaktere und leichtere Objektive speziell für eine DSLM nachzurüsten. Nunja. Pentax bzw. Ricoh hat sich zu diesem Thema (für mich leider) sehr eindeutig positioniert, sodass ich es aufgegeben habe, auf ein entsprechendes Pentax-Modell zu warten.
Irgendeine der Sony Alphas hatte ich auf der letzten Photokina mal in der Hand (ich glaube die A9 und auch die A7II) und fand sie ganz nett, sodass ich mich jetzt in diesem Lager näher umgesehen habe. Ich habe mich dann letztlich für die A7R IV entschieden, weil sie mit 60 statt 36MP wie die K1 noch einmal deutlich mehr Crop-Reserve, vermutlich zum Preis eines etwas schlechteren Rauschverhaltens, bietet. Zum Thema Rauschen kann man aber sagen: mit der profilbasierten Entrauschung von Darktable erreiche ich für die A7RIV tatsächlich sogar bessere Ergebnisse als für die K1 bei gleichen ISO-Werte (z.B. 3200 oder 6400, bei der A7RIV bekomme ich sogar noch anschaubare Bilder mit 12800 hin), auch wenn das initiale Bild etwas verrauschter aussehen mag.
Der Hammer schlechthin war aber für mich der Eye-Autofokus, mit dem ich ja eigentlich gar nicht "gerechnet" hatte. Das ist genau das Tool, was mir schon Jahre unbewusst gefehlt hat. Gerade kombiniert mit dem Fokus-Tracking ist das ein unglaublich mächtiges Werkzeug. Meine bisherige Technik (Fokusfeld mittig, verschwenken) kann ich nach wie vor verwenden, wenn ich keine Lust habe, den Fokusrahmen durch die Gegend zu schieben (obwohl das mit dem Joystick oder über den Touchscreen auch echt flott geht), nur mit dem Unterschied, dass der Fokusrahmen jetzt mitwandert und ggf. die Schärfe nachstellt. Funktioniert also auch perfekt bei sich bewegenden Motiven oder weitwinkligeren Optiken, und zwar bis sehr weit in den Randbereich des Bildes hinein. Die Kamera merkt sich außerdem die Fokusposition getrennt für horizontal sowie vertikal, was echt nützlich ist, wenn man häufiger zwischen beiden Ausrichtungen wechselt (kann die K1 nicht, oder?).
Schnappschüsse von meiner Tochter sind jetzt überhaupt kein Problem mehr - in der Regel kann man davon ausgehen, dass der erste Schuss "sitzt" egal, wie bewegt das Motiv war. Und gerade schnelle Tanzszenen fotografiere ich WESENTLICH treffsicherer als mit der K1.
Der EVF ist sehr gut, wobei ich hier durchaus den "neuen" Pentax-Claim nachvollziehen kann. Das echte Bild elektronisch ungefiltert durch den Sucher zu sehen ist schon ein anderes Erlebnis. Allerdings fehlt mir hier leider die Weiterentwicklung in die richtige Richtung. Man scheint ja sehr viel Aufwand in einen verzerrungsfreien Sucher investiert zu haben - mir ist in all meinen Pentaxjahren mit den unterschiedlichen Bodys, die ich besessen habe, nie ein diesbezügliches Problem aufgefallen, und ich habe bei den APS-C-Bodys auch die Aufstecklupe für den Sucher genutzt. Ein Hybrid-EVF wäre für mich viel mehr wert gewesen. Denn eine automatische Fokuslupe, Focuspeaking, oder sich bei starker Sonneneinstrahlung das Bildergebnis einfach im abgeschatteten Sucher anschauen zu können sind wirklich nette Features.
Klar, Sony-Kameras sind anders zu bedienen als die von Pentax, es gibt aber auch viel mehr Funktionen, die irgendwie Platz in den Menüs finden müssen. Dafür werden aber am Gehäuse auch sehr viele nach Benutzerwunsch belegbare Knöpfe geboten, sodass es einfach ein bisschen Aufwand kostet, sich eine sinnvolle Belegung für die eigenen Bedürfnisse zu überlegen, und ein bisschen Kleinhirntraining, um das ganze dann wieder so intuitiv zu bedienen wie vorher die Pentaxen (da hat mich übrigens das unterschiedliche Button-Layout zwischen K3 und K1 immer massiv gestört, wenn ich mit beiden Bodys gleichzeitig fotografiert habe).
In der Summe komme ich für mich nun also zum Ergebnis, dass die Hinwendung zu Sony (leider) richtig war. Die Gewichtsersparnis ist signifikant, obwohl mein neuer Objektivpark leistungsmäßig mindestens ebenbürtig zu meinen vorher verwendeten Pentax-Optiken ist. Ich kann jetzt einen kompakteren Fotorucksack mitnehmen und habe trotzdem alles dabei. Die Auflösung und damit die Crop-Reserven sind deutlich höher, das Rauschverhalten hierdurch nicht negativ beeinträchtigt, tendenziell vielleicht sogar etwas besser im Vergleich zur K1 (subjektiv). In den von mir am häufigsten fotografierten Settings bietet das Sony-Autofokussystem wesentliche Vorteile, es ist wie zwei verschiedene Welten. Das kann man als "Game Changer" bezeichnen finde ich. Der "echte" Blick durch den Sucher fehlt mir tatsächlich ein bisschen, aber der EVF hat auch Vorteile (und ehrlicherweise zeichne ich das Bild ja dann am Ende auch digital auf - "ehrlicher" ist es vermutlich, das Bild im Sucher anzuschauen, was dann am Ende auch auf der SD-Karte landet).
Ich habe bisher nichts gefunden, was die Sony-Kamera schlechter könnte als meine K1 vorher. Insofern kann ich mich dem hier gesagten, dass jede Kamera so ihr Spezialgebiet hat, nicht ganz anschließen in Bezug auf die K1. Da frage ich mich schon, was jetzt im Vergleich mit der A7RIV (oder vermutlich anderen aktuellen Top-Modellen von alternativen Herstellern) das Spezialgebiet der K1 sein soll, auf dem sie ganz besonders brilliert. Sony-intern gibt es diese Differenzierung natürlich schon - die A7RIV kann zwar Videos, ist aber sicherlich nicht "der" Video-Body, da sie irgendwann überhitzt. Ihr Einsatzgebiet ist vor allem die Fotografie sehr hochwertiger, hochauflösender Standbilder. Dafür gibts die A7S III als Video-DSLM, die dann aber nur einen 12MP-Sensor besitzt. Und das "Sportmonster" ist eben die A9 (MK II), die kann dann halt aber auch nur 20 MP. Klar ist die K1 auch eine andere Liga als die A7RIV, was sich eben auch im Preisunterschied ausdrückt (ehrlicherweise müsste man sie dann eher mit der A7R III vergleichen, die kommt preislich dann auch zumindest deutlich näher und hat etwa die gleiche Auflösung). Wenn Pentax heute eine neue Vollformat-DSLR veröffentlichen würde, bin ich mir aufgrund der aktuellen Preisentwicklung aber auch nicht sicher, ob diese noch für "nur" 2000€ erscheinen würde oder nicht auch eher in Richtung der 3000er-Marke ginge.
LG crispinus