Hallo @mesisto,

ich muss meinen Vorrednern leider widersprechen: Der Effekt, der hier auftritt, wird im Buch "Das große Buch der Objektive" von Christian Westphalen als Bokehprojektion bezeichnet. Eine punktförmige Lichtquelle im Bokeh sorgt hier für die Schärfe von Objekten, die eigentlich weit außerhalb der Schärfeebene liegen. Das geht sogar soweit, dass man Staubkörnchen auf der Objektiv-Linse sehen kann.

Ich hab das selbst nur vor einiger Zeit gelesen, aber selbst noch nie ausprobiert. Ist aber vielleicht mal ein Versuch wert

Ah, wird die Physik also doch neu erfunden?

Neee! Es war doch bereits logisch erklärt was hier zu sehen war!

Gruß Ronny

Okay, ich gebe zu, das war jetzt a) nicht besonders gut erklärt und b) habe ich es selbst noch nicht 100%-ig durchdrungen. Meine Vermutung ist, dass der Schatten des Objekts durch die punktförmige Lichtquelle im Hintergrund auf den Sensor projiziert wird. Aber ein Bild sagt mehr als 1000 Worte:


#1


#2

In Bild #1 sieht man das projizierte Einhorn-Horn ziemlich scharf, obwohl es deutlich hinter der Schärfe-Ebene liegt. In Bild #2 ist die Taschenlampe aus, das Einhorn kann man nur erahnen.

Das hier war der Versuchsaufbau:


Die Fliesen sind 30x60cm (so als Orientierung), fotografiert mit K-70 und dem 100mm Macro WR bei Blende 2,8. Der einzige Unterschied zwischen Bild #1 und #2 ist die ausgeschaltete Taschenlampe. Die Playmobil-Figur stand auf dem gelben Kästchen, das Pegasus-Einhorn etwa 10cm dahinter. Die Taschenlampe sieht man ganz rechts liegend auf dem Ringlicht. Den schwarzen Schal brauchte ich, um Lichtreflexe wegzunehmen.


Neu erfunden vermutlich nicht, aber neu entdeckt Das Bild von mesisto ist das erste, wo ich diesen Effekt in real life sehe. Und hätte ich nicht von diesem Projektions-Effekt gelesen, wäre ich bei Ronnys Erklärung auch mitgegangen. Aber ich bin mir sehr sicher, dass bei mesistos Bild die Schärfe korrekt gesetzt ist und wir o.g. Projektionseffekt sehen.

@pihalbe: vielen Dank für die Mühe und den Erklärungsversuch.

Tatsächlich finde ich Deinen Versuchsaufbau sehr interessant. Sollte das Abbild des Horns wirklich durch einen Schattenwurf entstanden sein, so sollte dieses Abbild größer werden, je weiter das Horn von der Kamera entfernt ist (also zur Lichtquelle gerückt wird).

Ich stelle das mal nach und versuche schlau daraus zu werden. Ronny hat wahrscheinlich recht, aber ganz verstanden habe ich es nicht.

Hallo mesisto,
das Horn (bzw. der Schatten des Horns) ist kleiner als das "echte" Horn. Ich kann mir aber vorstellen, dass das durch die Lichtbeugung verursacht wird. Wenn man mit dem Einhorn näher an die Lichtquelle geht, wurde es bei mir unschärfer. (Leider hab ich versäumt, noch ein Bild mit gleichem Aufbau, aber größerer Tiefenschärfe zu machen – dann hätte man noch einen besseren Größenvergleich.)

Kleiner Tipp für's nachstellen: Arbeite mit Live View und mach Test-Bilder. Denn auf dem Foto sieht es dann doch noch mal anders aus als im Live View bzw. noch mehr anders als im Sucher. Ich musste etwas mit dem Abstand experimentieren, bis es gut sichtbar war.

Ich bin gespannt auf deine Ergebnisse!

In der Fotografie ist Schärfe (Unterscheidbarkeit von Details) keine physikalische Grösse sondern ein Empfinden, deshalb spricht man von Schärfeeindruck. Wichtige Parameter sind hier: die Kantenschärfe/Kontourschärfe (Schwarz/Weiss-Kontraste wirken immer schärfer, egal ob sie es sind oder nicht), Auflösung und "verschleiert" werden kann das durch Rauschen. Das Bild ist bei ISO 3200 aufgenommen, Rauschen spielt eine Rolle. Weiterhin sollte man sich bewusst sein, dass die Fokuslage üblicherweise entlang der Objektivachse für weisses Licht diskutiert wird. Optischer Strahlengang der nicht entlang der Objektivachse erfolgt, hat eine andere Fokuslage. So entstehen ja gerade diese Blendenringe. Sie sind ein scharfes Abbild der Blende in der Sensorebene.

Siehe auch hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Sch%C3%A4rfe_(Fotografie)
https://www.cambridgeincolour.com/tutor ... rpness.htm

Persönlich meine ich, dass die Fokuslage richtig im Gesicht liegt. Die Haare in den Blendenringen sind auch im Fokus (andere Fokuslage) durch den anderen Strahlengang und besonders scharf wirken sie auch wegen der grossen Kontourschärfe (hell, dunkel Kontrast).

Wenn man das Bild entrauscht und etwas bearbeitet sieht man deutlich, dass auf das Gesicht richtig fokussiert wurde. Die reale ISO-Zahl ist 3200 +2EV in der Bearbeitung.

Es ist übrigens ein tolles Porträt. Mir gefällt es sehr gut.

PS Ich nehme das Bild raus, wenn Du es nicht haben magst.


#1b

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Freundliche Grüsse aus der Schweiz

"When you take a flower in your hand and really look at it, it's your world for a moment. I want to give that world to someone else." Georgia O'Keeffe

Es wäre übrigens auch ein tolles S/W Porträt.


#1c

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