Mo 20. Jan 2020, 08:25
Hallo,
hmmmmm .... deine Frage ist berechtigt und in weiten Teilen beantwortet, ein paar Sachen fehlen mir aber noch. Fotografieren ist für mich Kunst, jeder Künstler (egal ob Musiker, Maler, Schriftsteller, Schauspieler) hat seinen eigenen unverkennbaren Stil (Talent ist aber unterschiedlich verteilt

). Kunst kann provozieren und dem eigenen Geschmack widersprechen. Fotografieren ist aber auch Dokumentation, zeigen was ist oder war. Das kann zwar auch Kunst sein, die steht aber nicht im Vordergrund.
Jetzt kommt die Bildbearbeitung, das ist für mich eher mit Malerei als mit Fotografie verbunden (in vielen Fällen). Wenn die Bearbeitung nur die "Fehler" des Werkzeugs Kamera gegenüber dem menschlichen Auge berichtigt, dann bleibt es Fotografie. Verändere ich aber die Anmutung, füge Dinge hinzu oder stempele ich sie weg, dann ist das wie Malerei. ... da hat natürlich auch jeder seinen Stil.
Das wissend, habe ich kein Problem damit, wenn ich Fotos von anderen kritisch betrachte oder meine Fotos kritisiert werden. Diese Kritik geht manchmal vielleicht auch daneben, weil wir alle mit unseren Fotos ja auch etwas verbinden, was womöglich nicht im Foto dargestellt wird, eine Stimmung, ein Geruch, empfundene Wärme/Kälte, ein Gefühl. Wenn mir also jemand sagt, dass er ein Foto anders zugeschnitten, anders belichtet, den Schärfebereich anders gewählt hätte, dann hilft mir die Kritik, weil ich selbst ja sehr voreingenommen und manchmal "betriebsblind" bin. Ob die Kritik dann bei mir zu einer veränderten Einstellung zu dem Foto führt, entscheide ich dann ja selbst.
Nochmals hmmmmmm ..... , das ist dann manchmal der Punkt, an dem ich an dem Attribut "das freundliche Forum" zweifele. Erstmals kamen mir diese Zweifel an dem Punkt, wo ein Forumsmitglied Aktfotos einstellte. Mit hohem technisch-fotografischem Können, gr0ßem Aufwand erstellt, mit einer Aussage, für mich eindeutig Kunst. Das trat aber zeitweise in den Hintergrund, es wurde diskutiert ob Menschen Tattoos haben sollten, ob die auf Fotos zu sehen sein sollten, ob der Fotograf mit den Models schläft und teilweise war selbst der Betreff des Threats das Thema. Da habe ich ernsthaft überlegt, mich abzumelden, ich habe auch schon lange keine Fotos von dem Mitglied mehr gesehen.
Zurück zum Thema: Der eigene Stil muss nicht unbedingt so sein, dass andere den als "schön" empfinden. Als Beispiel Oliviero Toscani, ist hier sicher bekannt. Seine Fotos zeigen oft Menschen in Situationen, in denen niemand sein möchte, Kandidaten in den Todeszellen amerikanischer Gefängnisse, Amputierte, Behinderte, Tote. Die Fotos mögen verstörend, "hässlich", provozierend wirken, sind aber fotografisch gut gemacht und sicher Kunst. Es ist sein Stil, ob den jemand mag oder nicht. Würde er die Fotos unter dem Namen August Meier hier einstellen, müsste er sich womöglich Voyeurismus, moralische Verworfenheit, Mißachtung der Menschenwürde der Models und mehr vorwerfen lassen und sicher würde er sich die Frage gefallen lassen müssen, mit welch zweifelhaften Methoden er die Menschen zum posieren gebracht hat (Geld?). Das würde ihn nicht beeinflussen, weil es eben seine Fotos, sein Stil ist. Sein Sujet ist halt konfliktträchtiger als Landschaftsfotos oder Tierfotos. Was ich damit sagen will ist, Stil ist etwas, das jeder Fotograf in irgendeiner Weise hat, etwas das sich weitgehend der Kritik entzieht und daher nur bedingt kritisiert werden kann, im Gegensatz zur gekonnten Umsetzung dessen, was dargestellt werden soll.
Puh.... viel Text ... sorry liebe Leute, das musste einfach raus.
Liebe Grüße
Norbert