Hallo Hans,
ich hatte es ja schon mal in einem anderen Thread geschrieben. Aber gern auch hier.
Ich bin Gruppenleiter in einer geschützten Werkstatt in St. Gallen. Meine Aufgabe besteht darin, Menschen mit Unterstützungsbedarf zu betreuen. Da wir in der Fräserei ausschliesslich gesteuerte Maschinen haben, ist auch der Grad der Beeinträchtigung relativ gering. Ziel ist es, den Einen oder Anderen so weit zu fördern, dass er in den ersten Arbeitsmarkt übertreten kann. Seit einem Jahr läuft ein Programm, wo Mitarbeiter im freien Markt eingesetzt werden, um sich dort zu beweisen. Dabei ist es jederzeit möglich, wieder in unsere Institution zurück zu kehren. Wenn es zu einem Arbeitsvertrag kommt, kann auch nach 2 Jahren noch zurück gewechselt werden. Der Gedanke für dieses Projekt stammt übrigens aus Deutschland. Die Behinderungen zeigen sich bei uns z.B. in Gehörlosigkeit, Inselbegabungen, Lernschwäche, oder Bewegungseinschränkungen. Meine Aufgabe ist es, die Menschen dort zu unterstützen, wo ihr Manko liegt. Unser Mitarbeiter mit der Inselbegabung z.B. kann mit Zahlen umgehen wie ein Taschenrechner, aber wenn es strategische Probleme gibt kommt er keinen Schritt vorwärts. Der gehörlose Mitarbeiter bekommt im freien Markt keine Chance, weil man den grösseren Aufwand für die Kommunikation mit ca. 10-20% Zeitverlust annimmt. Des weiteren gehört es zu unserer Aufgabe, Menschen nach längerer Arbeitslosigkeit oder burnout wieder Schrittweise an den 8-Stundentag zu gewöhnen. Diese Eingewöhnungsphase dauert meistens ein halbes Jahr. Oder Lehrlinge, die in ihrem Ausbildungsbetrieb überfordert oder falsch ausgebildet wurden (billiges Produktionspersonal und dabei natürlich nichts gelernt) und dadurch ihre Prüfung nicht schaffen, werden bei uns auf Prüfungsniveau gebracht und legen dann auch bei uns die Prüfung ab. Wir sind auch Ausbildungsbetrieb und wenn Lehrlinge das Niveau für die Fräserei besitzen, ist es meine Aufgabe, diese dann Auszubilden und die Facharbeiterprüfung zu begleiten. Zu den täglichen Aufgaben gehört die Planung der Auftragsvergabe, Hilfe bei der Fertigung, Qualitätskontrolle, Abschluss des Auftrages im System, Werkzeugbestellung und Koordination mit der AVOR (Arbeitsvorbereitung). Jedes Jahr werden die Gruppenleiter durch interne oder externe Weiterbildungen im Umgang mit Behinderungen geschult. Alles in allem ein abwechslungsreicher aber manchmal auch schwieriger Job, der mir auch nach 6 Jahren immer noch richtig Spass macht.
Wer mehr wissen will, kann gern mal die HP besuchen - obvita.ch.
Gruss, Thomas.
_________________ Man kann eine Scheibe nicht so dünn schneiden, dass sie nicht zwei Seiten hat.
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