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 Betreff des Beitrags: Sigma 18-250 Teardown
BeitragVerfasst: So 21. Apr 2024, 16:26 
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Registriert: Mi 6. Apr 2022, 07:25
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Nachdem das Sigma-Superzoom meines Vaters schon lange den Geist aufgegeben hat (defekter AF, löst an der K-1 einen Factory-Reset aus), habe ich es auf den OP-Tisch gelegt und seziert.

Das Ziel war eine zerstörungsfreie Demontage, also so, dass man das Teil wieder zusammenbauen könnte (was natürlich nicht passieren sollte). Ganz gelungen ist mir das nicht: (Solunax, jetzt mal bitte weghören :-)): Meine Kreuzschlitz-Schraubendreher sind offenbar nicht für diese Art von Schrauben gedacht. Die meisten konnte ich herausdrehen, aber einige Schrauben musste ich vorsichtig mit einem 3.2mm-Bohrer herausbohren, nachdem ich die rampuniert hatte. Das ist aber ohne Kollateralschäden gelungen (Bohrspäne mit einem Magneten abgesaugt).

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#1: Die Einzelteile. Ja, das Zeug steckt alles in einem einzigen Objektiv. Wenn ich richtig gezählt habe, gab es an einer Stelle 4(!) ineinander verschachtelte Tuben, die bei Drehen am Zoom- oder Fokusring durch komplizierte Führungsschienen gegeneinander verschoben werden. Ich habe echten Respekt vor den Ingenieuren, die sowas entwickeln. Ein Teil der Tuben besteht aus einem extrem leichten aber formstabilen Metall, ich vermute eine Magnesiumlegierung. Die anderen bestehen aus eloxiertem Alu oder Kunststoff.
Hier sieht man auch gleich den Pferdefuß der Superzooms: Um eine derart komplexe Mechanik zu einem akzeptablen Preis herstellen zu können, müssen irgendwo Abstriche bei der Qualität gemacht werden.


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#2: Das ist nach meinem Verständnis die Shakereduction-Einheit. Die Linse in der Mitte ist in einem beweglichen Metallring befestigt, der mit drei starken Neodym-Magneten gekoppelt ist (einen davon erkennt man auf der Unterseite der Platine, das Teil mit dem blauen Strich). Die Magnete und damit die Linse können mittels Stromfluss durch drei Flachspulen präzise positioniert werden, eine geniale Konstruktion. Die Shakereduction kann man natürlich abschalten, dann muss die Linse zentiert gehalten werden, daher muss auch dann Strom durch die Spulen fließen. Dass dürfte Wärme erzeugen und die Stromaufnahme recht hoch treiben. Ich muss mal den Widerstand der Spulen messen.


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#3

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#3 und #4 Die Blendeneinheit. Ein Meisterwerk der Feinmechanik.


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#5: Alle Linsengruppen nebeneinander. Ich bin nicht sicher, ob die Reihenfolge stimmt.


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#6: Vermutlich der Übeltäter, der AF-Ultraschallmotor. Der lässt sich nur sehr schwer drehen und macht seltsame Geräusche. Das Teil ist etwa so groß die ein Zuckerwürfel und sitzt so tief im Objektiv drin, dass ein Austausch eine Heidenarbeit gewesen wäre.


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#7: Die Elektronikplatine hat mich besonders interessiert, deshalb habe ich mal versucht, ein paar Bauteile zu identifizieren. Bei den meisten fehlt das Herstelleremblem, was darauf hinweist, dass sie in China produziert wurden. Kernstück ist ein 16-bit Microcontroller von NXP mit 12MHz, 128kB Flash und 6kB RAM. Die anderen Komponenten sind fast alle analog: Spannungsregler (PMICs), Operationsverstärker, Treiber usw. Eigentlich müsste irgendwo auch ein Trägheitssensor für die SR sein, aber den konnte ich nicht finden. Vielleicht steckt er auch direkt in der SR-Einheit.


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#8: Die Unterseite der Controllerplatine. Man sieht insgesamt acht Anschlüsse für Flexleitungen. Zwei gehen zum K-Mount, die anderen verschwinden in den Tiefen des Objektivs zu den diversen Schaltern, Sensoren und Aktuatoren.


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#9: Ein Winkelencoder. Diese Kontaktflächen werden von einem Federkamm abgetastet, und je nach Stellung des Ringes sind unterschiedliche Kontaktflächen verbunden, sodass der Drehwinkel mit einer gewissen Auflösung gelesen werden kannt. Wer sich ein wenig mit Digitaltechnik auskennt, sieht hier ein Gray-Pattern mit 16 Stufen. Weiter innen im Tubus gibt es einen weiteren Winkelencoder, vermutlich für den Fokusring.


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#10: Unser geliebtes K-Mount von der Rückseite gesehen.


Fazit: Ich habe fast drei Stunden für die Zerlegung gebraucht, aber es hat Spaß gemacht und ich habe viel gelernt. Natürlich wäre es mir lieber gewesen, das Objektiv hätte noch funktioniert, aber so hat es wenigstens einen letzten guten Zweck erfüllt. Die Linsen und die Blendeneinheit werde ich behalten zum Spielen, Motor und SR-Einheit vielleicht mal versuchen mit einem Arduino anzusteuern. Der Rest geht den Weg alles irdischen.

Ich habe auch noch die Sonnenblende und den Original-Objektivdeckel. Wenn jemand Interesse hat, bitte PN an mich, ich verschicke die Teile zu Versandkosten.


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 Betreff des Beitrags: Re: Sigma 18-250 Teardown
BeitragVerfasst: So 21. Apr 2024, 19:48 
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Registriert: Do 12. Mai 2016, 21:12
Beiträge: 2816
Wohnort: Ludwigsburg
Sehr interessantes Projekt.
Danke fürs Zerlegen. Schön dokumentiert und erklärt.
Ich bin da bei dir: das ist schon eine Meisterleistung, so etwas zu konstruieren.

_________________
LG Ronny


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 Betreff des Beitrags: Re: Sigma 18-250 Teardown
BeitragVerfasst: So 21. Apr 2024, 20:06 
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Beiträge: 866
Wahnsinn.
Vielen Dank für's Zeigen.

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VG Michael

Schmerz geht. Stolz bleibt!


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 Betreff des Beitrags: Re: Sigma 18-250 Teardown
BeitragVerfasst: Mo 22. Apr 2024, 13:22 
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Falls Du ein neueres funktionierendes Exemplar suchen solltest: melde Dich gerne bei mir (habe 2...)


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